Obamas Botschaft ist klar: Er will ein optimistisches Amerika hinterlassen. In seiner letzten Rede zur Lage der Nation kann er sich eine Attacke auf Donald Trump nicht verkneifen. Und bekommt dabei ausgerechnet Unterstützung von einer Republikanerin.

Washington - US-Präsident Barack Obama hat die amerikanische Bevölkerung eindringlich dazu aufgerufen, den Glauben an eine gerechte Zukunft nicht aufzugeben. „Amerika ist die stärkste Nation der Welt. Punkt! Es ist nicht mal knapp“, sagte der 54-Jährige am Dienstagabend (Ortszeit) in seiner letzten Rede zur Lage der Nation vor dem Kongress in Washington.

 

„Was damals wahr gewesen ist, kann auch heute gelingen: unsere einmaligen Stärken als Nation, Optimismus und Arbeitsmoral, Entdeckergeist und Innovationskraft, unsere Unterschiedlichkeit und unser Glauben an die Kraft des Gesetzes. Diese Dinge geben uns alles, was wir brauchen, um Wohlstand und Sicherheit für kommende Generationen zu sichern.“

Der Präsident präsentierte nicht, wie sonst bei diesem Anlass üblich, ein Programm für das neue Jahr. Vielmehr baute er auf einer Bilanz seiner Arbeit eine optimistische Vision für die Zukunft der USA auf. Dabei ging Obama auch auf Aussagen der republikanischen Bewerber im Präsidentschaftswahlkampf ein - ohne aber Namen zu nennen. Er warnte vor Zynismus.

Appell an Toleranz und Gleichberechtigung

„Alles Gerede von einem wirtschaftlichen Niedergang der USA ist heiße Luft“, sagte Obama. Genau so sei es mit allen Sprüchen, Amerika werde schwächer und seine Feinde stärker. Wenn es um internationale Probleme gehe, schaue niemand nach Moskau oder Peking, sondern rufe die USA.

Obama appellierte eindringlich an Toleranz und Gleichberechtigung in den USA. „Wenn Politiker Muslime beleidigen, wenn eine Moschee verwüstet wird, ein Kind schikaniert, macht uns das nicht sicherer. Es macht uns schwächer in den Augen der Welt.“

Donald Trump, der nach Umfragen im republikanischen Bewerberfeld klar führt, hatte wiederholt ein vorläufiges US-Einreiseverbot für Muslime gefordert. Trump kommentierte Obamas Rede am Abend als „langweilig, langsam, lustlos“.

Trump selbst bekam am Dienstagabend aber ausgerechnet aus dem eigenen Lager Kritik ab. Es ist Tradition, dass ein Vertreter der anderen Partei eine Gegenrede zum Auftritt des Präsidenten abliefert. In ihrer Antwort sagte die Republikanerin Nikki Haley: „In unsicheren Zeiten kann es verführerisch sein, dem Lockruf der aggressivsten Stimmen zu folgen. Wir müssen dieser Versuchung widerstehen.“ Niemand, der bereit sei, hart zu arbeiten, dürfe sich in diesem Land unwillkommen fühlen. Die Gouverneurin von South Carolina machte aber zugleich klar, dass die Einwanderung Grenzen haben müsse.

IS stehe nicht für den gesamten Islam

Haley gilt als Hoffnungsträgerin der Republikaner und wird im Falle eines Wahlsieges ihrer Partei für den Posten der Vizepräsidentin gehandelt. Sie warf dem Präsidenten vor, nichts als leere Versprechen zu liefern: „Leider ist Obama oft hinter seinen hochtrabenden Worten zurückgeblieben.“ Viele Amerikaner litten unter der wirtschaftlichen Lage, die USA seien konfrontiert mit der gefährlichsten terroristischen Bedrohung aller Zeiten.

Auf dieses Thema ging auch Obama ein. Die IS-Kämpfer stellten eine enorme Gefahr dar und müssten gestoppt werden, sagte er. „Aber sie bedrohen nicht unsere nationale Existenz. Das ist höchstens die Geschichte, die der IS uns erzählen will.“ Auch stehe der IS nicht für den gesamten Islam.

Er bekam für seinen Auftritt viel Lob, naturgemäß vor allem aus der eigenen Partei. Vizepräsident Joe Biden schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: „Stolz, für diesen Präsidenten zu arbeiten. Bereit, seine Herausforderung anzunehmen.“. Hillary Clinton, Favoritin der demokratischen Partei im Rennen um Obamas Nachfolge, erklärte: „Sieben Jahre Fortschritt. Wir müssen darauf aufbauen - nicht zurückgehen.“

Die „New York Times“ bezeichnete Obamas Worte als inspirierend. Die Rede sei natürlich eine Zusammenfassung seiner Leistungen gewesen, aber noch wichtiger eine Erinnerung daran, dass die Nation jenen Optimismus brauche, der ihn zum ersten afro-amerikanischen Präsidenten gemacht habe, hieß es in einem Kommentar.