Inés de Castro, die Chefin der ethnologischen Sammlung in Stuttgart, wünscht sich einen Neubau.

Stuttgart - Die Direktorin wirkt bewundernswert cool. Zumindest Besuchern gegenüber lässt sich Inés de Castro keinen Stress anmerken. Dabei werden sie und ihre Mitarbeiter derzeit von den Folgen des letzten Wasserschadens im Linden-Museum in Atem gehalten – des mittlerweile vierten, den die Chefin der ethnologischen Sammlung seit ihrem Amtsantritt vor sechs Jahren im Haus am Stuttgarter Hegelplatz erlebt. Auch über den maroden baulichen Zustand des zwischen 1909 und 1911 errichteten und zuletzt in den achtziger Jahren sanierten Staatlichen Museums für Völkerkunde will sie nicht schimpfen. Zugleich macht Inés de Castro aber in aller Deutlichkeit klar: „In diesem Haus sehe ich unsere Zukunft nicht.“

 

Die Diskussion über einen Neubau für die Sammlung gehört seit langem zu den kulturpolitischen Dauerbrennern, an denen es in Stuttgart nicht mangelt. De Castro ist sich darum bewusst, dass ihr unlängst öffentlich erneuerter Wunsch nach einem Neubau zu einem ungünstigen Zeitpunkt kommt. Im Landeshaushalt stehen massive Kürzungen an, die Opernsanierung wird viele Millionen verschlingen, und auch die Rufe nach einer neuen Konzerthalle sind nicht verstummt.

Mittelfristig werde es ohne neues Haus aber nicht gehen, betont die Leiterin des Lindenmuseums, nicht nur wegen der baulichen „Defizite“, sondern weil eine zukunftsfähige Museumsarbeit am angestammten Platz nicht möglich sei. Es fehlt an Räumen für die Museumspädagogik, das Haus ist nicht barrierefrei, und eine moderne Präsentation der Sammlung unter Einbeziehung des Kulturwandels, der sich in vielen Regionen der Welt seit der Kolonialzeit vollzogen hat, ließen die gegenwärtigen räumlichen Bedingungen ebenfalls nicht zu.

Eine Instandsetzung rentiert sich nicht

Land und Stadt, den finanziellen Trägern des LindenMuseums, seien die Probleme bewusst. De Castro berichtet von dem konstruktiven Gespräch, in dem man sich befinde. Zu einem Ergebnis hat der Dialog bisher allerdings nicht geführt. Ein unterdessen erarbeitetes Sanierungsgutachten des Büros Lederer, Ragnarsdottir, Oei sei jedoch zu dem Schluss gekommen, dass ein Verbleib am Hegelplatz sich nicht rentiere, zumal eine millionenteure Instandsetzung keine räumlichen Verbesserungen mit sich bringe.

Was wünscht sich Inés de Castro von einem neuen Linden-Museum, das der Bedeutung der herausragenden Sammlung wirklich gerecht wird und die interkulturelle Stadt, die Stuttgart längst ist, sichtbar repräsentiert? „Ein offenes, einladendes Gebäude“, sagt die Direktorin, „ein Gebäude an zentraler Stelle ohne psychologische und bauliche Barrieren, das zum Ausdruck bringt, dass die Kulturen, die wir hier zeigen, immer mehr Teil unserer Gesellschaft werden“. Darum hätte sie auch nichts gegen eine „Kultur-WG“ mit einer anderen Institution in Stuttgart. Das Forum der Kulturen zum Beispiel, die Dachorganisation der Migrantenvereine, könnte sie sich gut als Partner vorstellen.

Zukunftsmusik. Vorläufig sind am Hegelplatz die Vorbereitungen für die nächste große Sonderausstellung im Gange: „Oishii – Essen in Japan“ werde eine sinnliche, kulinarische Schau mit „Sushi, Nudeln, Tee, Fisch und Whisky“, schwärmt die Direktorin. Pardon, Whisky? Jawohl, Japan habe den besten Whisky der Welt. Man kann also was lernen. Am 15. Oktober geht es los.