Der Herbst ist voller Poesie und bringt zwei neue Gedichtbände.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Peter Baumhauer aus Gutenberg/Lenningen hat einen neuen Gedichtband herausgebracht. „Ein Bissen Zeit“ öffnet sich den Erlebnissen von Krieg und Flucht. Der 1931 geborene Baumhauer setzt darin Biblisches und Gegenwärtiges zusammen: den gegenwärtigen Krieg in Syrien, die biblische Vertreibung des Volks Israels aus Ägypten. Auch er erinnert sich an Flucht und Vertreibung, die gerade seine Generation wie keine andere in Deutschland geprägt haben.

 

Baumhauers Verse bringen den Leser in weite lyrische Räume. Das das Wort wird Zugpferd und Ziel zugleich. Baumhauer nimmt Stellung zu Krieg und Gewalt, aber eben so, wie es ein Lyriker vermag, der die Worte auf eine Weise setzt, in der die Stille und der Raum hinter den Sätzen fühlbar werden. Er kann seinen Versen eine Weite geben, die ein Gedicht braucht. Baumhauer ist ein Meister von Rhythmus und Form, der auch den Mut hat, Bilder zu schaffen: „Sie zwangen die stolzen Häuser Feuer zu essen / immer mehr Feuer / bis sie erbrachen“ heißt es in dem Gedicht „Danzig“. Das Buch ist geschmückt mit Fotografien von zerschossenen Metallobjekten, die im Besitz des Autors sind.

Gabriele Glang ist Lyrikerin und Malerin aus Geislingen, in Esslingen ist sie bekannt als Dozentin für Literatur. Ihr Gedichtband „Göttertage“ ist der Malerin Paula-Modersohn Becker gewidmet, eine der bedeutendsten Malerinnen des Expressionismus. Sie starb im Alter von 31 Jahren kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes. Verheiratet war sie mit Otto Modersohn, dem wohl wichtigsten Maler in der Künstlerkolonie Worpswede bei Bremen. Die ländliche Kolonie einerseits und die Weltstadt Paris waren die Pole von Paula Modersohn-Beckers Leben.

Gabriele Glang unternimmt den Versuch, in die Gedankenwelt der Malerin dichterisch einzudringen und ihren inneren Widersprüchen. Ihre Verse sind kunstlos, oftmals gebrochene Prosa, die hie und da in Gefahr läuft, ins Banale abzugleiten. Manchmal aber entstehen echte Bilder: „Aus der Nacht gestürzt, als hätte mich ein Albtraum ausgespien.“ Immerhin – man kann mit diesem Band eintreten in die Welt des Fin de Siècle und ihrer kaum erreichten Höhe von Form und Ausdruck, und man bekommt wieder Lust, die Bilder der Expressionisten zu sehen und die Verse Rainer Maria Rilkes zu lesen, der Gast in Worpswede war und Freund Paula Modersohn-Beckers.