In einer Zeit, in der Bücher mehr und mehr aus der Welt der Gegenständlichkeit verschwinden, um eine virtuelle Form anzunehmen, hat die Stadtbücherei ein Gerät angeschafft, mit dem der umgekehrte Weg beschritten werden kann: einen 3-D-Drucker.

Ludwigsburg - Noch geht es beim Lesen vor allem um Bücher, Verlage und Autoren. Darum nahmen auch beim neunten Ludwigsburger Literaturfest Lesungen, Verlagspräsentationen und ein großer Bücherflohmarkt den meisten Raum ein. Unübersehbar war indes auch, dass die digitale Technik auf dem Vormarsch ist. Sei es in Form von E-Books, Computerspielen, Onlinezeitschriften, einer Bilderbuch-App oder Softwareprogrammen.

 

In einer Zeit, in der Bücher mehr und mehr aus der Welt der Gegenständlichkeit verschwinden, um eine virtuelle Form anzunehmen, hat die Stadtbücherei ein Gerät angeschafft, mit dem der umgekehrte Weg beschritten werden kann: einen 3-D-Drucker. Mit diesem Hightech-Gerät lassen sich digitale Vorlagen in konkrete Gegenstände verwandeln. Seit Februar wird damit im Kulturzentrum gearbeitet, am Sonntag wurde er den Besuchern des Literaturfestes vorgestellt.

Dass dieses von der Kreissparkasse gesponserte Gerät Bücher druckt, ist allerdings nicht vorgesehen. Bisher habe sich die Nachfrage eher auf Schmuck, Spielfiguren, Ersatzteile für Oldtimer oder kleine, dreidimensionale Selfies – sogenannte Mini-Mes – konzentriert, sagt die Bibliotheksmitarbeiterin Alexandra Sterz.

Virtuelles wird reales Objekt

Die Grenze des Machbaren liegt bei 22,5 Zentimeter Größe – und bei der Dauer. Um eine etwa 20 Zentimeter hohe Vase zu fertigen, benötigt der Drucker acht Stunden. Für eine Demonstration während des Literaturfestes war das einfach zu lang, weshalb sich Sterz für das Ausdrucken eines Smiley-Chips für Einkaufswagen im Supermarkt beschränkte. Der war in fünf Minuten gedruckt und nach weiteren zehn Minuten so weit erkaltet, dass man ihn in die Hand nehmen konnte.

Der Kauf eines 3-D-Druckers weist auch auf ein verändertes Selbstverständnis der Bibliotheken hin. Die Branche nennt das „Maker-Space“. „Es geht dabei um eine Vernetzung von Interessen“, sagt Alexandra Sterz. „Die Bücherei soll ein Ort sein, an dem jeder einen öffentlichen Zugang zu Ideen hat.“ Noch allerdings muss jeder, der das Gerät benutzen oder einen Druck in Auftrag geben möchte, einen Bibliotheksausweis besitzen.

Literatur wird Schauspiel

Eine ganz alte Kunst kam dagegen am Nachmittag im Kulturzentrum zum Zuge: in Schauspiel verwandelte Literatur sozusagen. Das Theater am Fenster hat aus George Orwells frühen Jahren eine Theaterstück gemacht: „Erledigt in Paris und London“ heißt es und erzählt vom sozialen Niedergang des Autors, der dessen Aufstieg mit Werken wie „Die Farm der Tiere“ und „1984“ vorausgegangen war. Ebenfalls theatralisch gab sich Jochen Faber. Er hat sich die Groteske „Der ausgebildete Kranke“ ausgedacht. Es geht darin um einen, der „offensiv leiden“ will, und sich zu diesem Zweck in die „Klinik zur barmherzigen Schlange“ begibt.

Anders als in den Vorjahren blieb der Große Saal diesmal nicht allein den Verlagen und Buchhandlungen vorbehalten. Diesmal wurde dieser Saal auch als einer von mehreren Vorlesesälen genutzt. Das sorge für mehr Leben dort und für ein Speisenangebot in der nicht mehr mit Lesungen blockierten Kantine. Die Angst der Veranstalter vor der „Shoptober“-Konkurrenz erwies sich als unbegründet: Der verkaufsoffene Sonntag machte ihnen das Publikum nicht abspenstig.