Auf dem Bauernhof der Familie Scheuler in Löchgau gibt es keinen Stillstand. Jetzt kommt Gastronomie dazu. Der Weg dorthin war allerdings nicht einfach.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Löchgau - Frank Scheuler macht nicht lange rum. Er sei ein Typ, der Ideen gleich umsetzt, sagt er. Deshalb hat er eine große Baustelle vor seinem Haus in Löchgau. Rund eine Million Euro vergräbt er an der Stelle, an der früher der Schweinestall stand. Der Landwirt wird Ende April auch Gastwirt sein. Mit der Eröffnung seines neuen Hofcafés ist dann alles unter einem Dach: das Café mit rund 160 Sitzplätzen, ein Hofladen, Küche und Backstube, Kühl- und Lagerräume. „In unserer Region kann man nicht im alten Trott weitermachen“, sagt Frank Scheuler. Seit er den Betrieb 1996 von seinen Eltern übernommen hat, hat er ihn komplett umgekrempelt.

 

In dem scheinbar traditionellen Geschäftsfeld ist nach wie vor viel im Umbruch. Im Jahr 1979 existierten im Kreis Ludwigsburg 3500 Bauernhöfe, heute sind davon noch knapp 1340 funktionstüchtig. Die bewirtschaftete Fläche ist aber mit 32 000 Hektar in dieser Zeit kaum kleiner geworden. Im Schnitt kümmert sich ein Landwirt heute um 24 Hektar, früher reichten zehn. Und nur ein Drittel der Betriebe hält Tiere, Pferde nicht einberechnet. Profitabel wird Landwirtschaft entweder durch Größe oder eine Spezialisierung. Doch die Flächen sind im Stuttgarter Speckgürtel begrenzt.

Der Hofladen hat sich zu einem kleinen Supermarkt entwickelt

„Meine Lehre habe ich noch mit Kühen und Schweinen gemacht“, sagt Frank Scheuler. Die Kühe waren bald weg. Er setzte auf die Schweine, baute an, hatte zu den Hochzeiten rund 600 Mastplätze. Aber zum Schluss verdiente er an einem Tier fünf Euro und sägte den Geschäftszweig ab. „Fleisch wird verramscht“, schimpft der 40-Jährige. Spargel ist mehr wert. Im Schnitt sieben Euro kostet das Kilo, für den Preis bietet mancher Supermarkt sogar das Filet an. „Mit den Schweinen wären wir nicht so weit gekommen“, sagt Scheuler über sich und seine Frau Elke.

Vor zehn Jahren pflanzten die Scheulers ihren ersten Spargel auf einem Hektar an, nun haben sie 30 davon. 2005 schafften sie sich die erste Schälmaschine an, 2014 kommt die dritte, noch größere. Als der erste Spargel sprießte, eröffneten sie ihren Hofladen. Er hat sich quasi zu einem kleinen Supermarkt entwickelt. Freitags backt Elke Scheuler. Anfangs waren es ein Dutzend Hefezöpfe, jetzt sind es im Winter 140 und im Sommer bis zu 300 Stück. Nachts um 1.30 Uhr rührt sie den Teig an.

Direktvermarktung und Bewirtung sind zusätzliche Standbeine, für die Gudrun Dertinger vom Landratsamt wirbt. Kürzlich besuchte sie mit einer Gruppe einen Geschirrverleiher und einen Konfitürehersteller. „Mit Gastronomie muss man zwar auch hart arbeiten, aber man hat ein besseres Einkommen“, sagt die Mitarbeiterin vom Fachbereich Landwirtschaft. Allerdings schickt sie gleich eine Warnung hinterher: Man müsse der Typ dafür sein, meistens seien die Frauen die treibende Kraft. „Kühe sind pflegeleichter als mancher Gast“, sagt sie, und dass die Hürden hoch sowie die finanziellen Investitionen für ein Hofcafé zudem gigantisch seien.

Im Frühsommer Spargelbesen, im Winter Gänsebesen

Uwe Würth hat im Kreis den Schritt als Erster getan, um die Kundschaft ganzjährig anzulocken. Im April 2008 eröffnete er sein Hofcafé im Ludwigsburger Stadtteil Pflugfelden. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt der 42-Jährige, „aber zum Preis einer Sieben-Tage-Woche.“ Er hat sich ebenfalls auf Spargel konzentriert und in der Saison immer ein Zelt zur Bewirtung aufgebaut. Nun gibt es im Frühsommer den Spargelbesen, im Winter den Gänsebesen mit Tieren aus der eigenen Züchtung. Dazwischen darf er nur von Donnerstag bis Sonntag öffnen. Weil er im Außenbereich liegt, hat es die Stadt nicht anders genehmigt. Auch ein Neubau wurde ihm verwehrt, der Hofladen und das Café mussten in bestehende Gebäuden untergebracht werden, „Wenn wir neue Wege gehen, um unsere Betriebsstruktur zu retten, bekommen wir Probleme“, kritisiert Uwe Würth.

Zwei Eigenschaften müsse ein Landwirt haben, findet sein Kollege Frank Scheuler: Risikobereitschaft und gute Nerven. Mehr als drei Jahre lang kämpften er und seine Frau für den Café-Neubau. „Wir mussten ungefähr 96 Behörden anschreiben“, scherzt er. Einmal monierte das Landratsamt, das gleichzeitig Kurse „Vom Landwirt zum Gastwirt“ veranstaltet, dass das Gebäude nicht in die Landschaft passe und zu groß sei. Doch die ebenfalls vor nicht allzu langer Zeit daneben errichtete Spargelsortierhalle ist viel größer. „Aber ich habe immer gesagt: ich werde nicht aufgeben“, sagt Frank Scheuler. Seiner Frau im Laden hätten die Kunden oft gesagt, während sie an der Schälmaschine auf den Spargel warteten: ein Café wäre hier geschickt. Daraufhin machte er nicht lange rum und setzte die Idee einfach um.