Mit der Entscheidung, die Mappus-Mails nun doch zu löschen, hat Ministerpräsident Kretschmann Grüne und SPD verprellt. Die Opposition und die Anwälte des Ex-Regenten zeigen sich hingegen zufrieden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Mit Unverständnis und Ärger haben Vertreter der Regierungsfraktionen auf die Entscheidung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) reagiert, die Mails seines Vorgängers Stefan Mappus nun doch nach der Übergabe an das Landesarchiv löschen zu lassen. Die Rechtsanwälte des Ex-Regierungschefs und Sprecher der Oppositionsfraktionen begrüßten es hingegen, dass das Land nun doch ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs umsetze. Damit geht der Untersuchungsausschuss zum „schwarzen Donnerstag“ zunächst leer aus.

 

„Die Mails werden zeitnah gelöscht“, sagte Kretschmann vor Journalisten. Damit folge man der Einschätzung eines Rechtsanwaltes, der das Land bei der Abwägung zwischen dem Auskunftsanspruch des Ausschusses und dem VGH-Urteil beraten habe; „taktische Überlegungen“ hätten dabei keinerlei Rolle gespielt. Das Justizministerium sei „in die Prüfung nicht einbezogen“ gewesen, sagte der Ressortchef Rainer Stickelberger (SPD), ohne dies näher zu begründen.

Die Grünen sind „keineswegs zufrieden“

Für die Grünen sagte der Fraktionsgeschäftsführer Hans-Ulrich Sckerl, man sei „mit der Entscheidung des Staatsministeriums keineswegs zufrieden“. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Landesdatenschutzbeauftragte hätten mehrfach betont, dass strafrechtliche Ermittlungen und ein Untersuchungsausschuss gleichrangig seien. Man werde weiterhin versuchen, Einblick in die Mails zu erhalten, kündigte Sckerl an: „Unser Auskunftsrecht ist . . . nicht erledigt.“

„Überrascht“ zeigte sich der SPD-Obmann Sascha Binder von der Entscheidung, die Mails nun doch zu löschen. In der jüngsten Sitzung des U-Ausschusses habe der Regierungsvertreter noch „keinerlei Zweifel“ an der Rechtsauffassung der Mehrheit erkennen lassen. Wegen des Beweisantrages, Einblick in Daten von Mappus und fünf weiteren Beteiligten zu erhalten, war die für vorvergangenen Montag geplante Löschung zunächst abgeblasen worden. Bei der Aufklärung des Polizeieinsatzes stoße man nun „an Grenzen“, bedauerte Binder.

CDU attackiert den Regierungsvertreter

Erfreut äußerte sich der CDU-Obmann Reinhard Löffler. „Nach massivem Drängen der Opposition und der Öffentlichkeit“ sei Kretschmann nun „auf den richtigen Weg eingeschwenkt“. Jede andere Entscheidung hätte „Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung in Frage gestellt“.

Löffler nahm erneut den Regierungsvertreter im Ausschuss ins Visier: Dieser habe zu einem Eilverfahren um die Mappus-Mails vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart „wider besseren Wissens . . . keine Auskunft erteilt“. Man werde die Vorgänge in dem Gremium untersuchen.

Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke ließ erklären, es sei „ein beispielloser Vorgang, dass ein amtierender Regierungschef in Betracht gezogen habe, ein missliebiges Gerichtsurteil zu ignorieren“. Die Gewaltenteilung sollte „höherrangig sein als grüne Parteiinteressen“.

Mappus-Anwalt sieht sich bestätigt

Zufrieden äußerte sich Mappus’ Anwalt Arnd Pannenbecker. „Offensichtlich ist die Landesregierung zur Besinnung gekommen und erinnert sich daran, dass ein rechtskräftiges Urteil umzusetzen ist“, sagte er laut dpa. Zugleich wies er den Hinweis eines Regierungssprechers zurück, der Ausschuss könne sich nun an das Landesarchiv wenden. Dort würden die Mails – soweit sie überhaupt archivwürdig seien – 30 Jahre lang unter Verschluss gehalten.

Das Landesarchivgesetz sieht allerdings Ausnahmen von diesem Grundsatz vor. Danach kann die Sperrfrist verkürzt werden, wenn dies „zur Wahrnehmung berechtigter Belange . . . unerlässlich ist“ und „schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht entgegenstehen“. Sollte der Untersuchungsausschuss tatsächlich versuchen, über das Landesarchiv Einblick in die Mails zu erhalten, dürften dort erst einmal schwierige Rechtsfragen zu klären sein.