Das gab es unter Joachim Löw noch nie. Auf dem Weg zur EM muss das Nationalteam nach der Dublin-Pleite bis zum letzten Spieltag kämpfen. Das fordert Konsequenzen. Vor dem Georgien-Showdown streicht der Bundestrainer den Weltmeistern den freien Abend.

Leipzig - Jetzt bloß keine Ablenkung! Vor der unerwarteten Extraschicht im EM-Quali-Showdown gegen Georgien hat Bundestrainer Joachim Löw seinen Weltmeistern kurzfristig den freien Abend gestrichen. Statt wie geplant am Freitag beim Leipziger Lichterfest die friedliche Revolution vor 26 Jahren mitzufeiern, lautete die Ansage der sportlichen Leitung an Manuel Neuer, Mats Hummels und Co.: „Es gibt kein frei. Alle bleiben im Hotel.“

 

Beim Lichterfest im Herzen Leipzigs sollten nur Präsident Wolfgang Niersbach und Teammanager Oliver Bierhoff den DFB vertreten, teilte der Verband auf dem Rückflug vom peinlichen 0:1 gegen Irland mit.

In der Heldenstadt muss Löw seine in Dublin noch viel zu lässigen Champions im Eilverfahren wieder auf EM-Kurs bringen. Das erforderte auch eine schnelle Änderung der Abläufe. Die für das Wochenende eigentlich auch eingeplante Freizeit fällt ebenso flach wie die gegen Georgien am Sonntag (20.45 Uhr RTL) angedachten personellen Experimente.

Bei Schweinsteiger wird’s eng

Die an der Leiste verletzten Bastian Schweinsteiger und Mario Götze sollen mindestens bis Samstag im Teamquartier bleiben und behandelt werden. Götze wird gegen Georgien auf jeden Fall fehlen. Bei Schweinsteiger sind die Prognosen laut Löw „absolut eng bis Sonntag“.

Die nötige Strategie für das so nicht geplante Quali-„Endspiel“ gegen Georgien hatte der Bundestrainer nach dem Denkzettel von Dublin allerdings auch nicht gleich parat. „Ich muss dieses Spiel erstmal verarbeiten, mir einige Dinge durch den Kopf gehen lassen“, sagte Löw spürbar irritiert nach der historischen Niederlage auf der Grünen Insel. Am Freitag wurde dann der Zeitplan der Weltmeister an die neue Situation angepasst.

Das avisierte Ticket für die nächste Titelmission muss erstmals unter Löw noch am letzten Qualifikationsspieltag gebucht werden. Das war zuletzt in der Qualifikation für die EM 2004 unter Rudi Völler der Fall. Gegen den krassen Außenseiter aus Osteuropa reicht ein Remis für die Endrundenteilnahme 2016 in Frankreich. Georgien war noch nie ein Stolperstein. Bislang stehen vier Siege in vier Spielen in der DFB-Statistik, das Hinspiel im März wurde im Schongang 2:0 gewonnen.

„In den Pflichtspielen sehr konzentriert und engagiert“

Bange machen gilt nicht, lautete das Selbstverständnis der von biederen Iren entzauberten Champions. „Was heißt Sorgen machen? Man sollte nur nicht denken, das Ding ist schon durch. Das wäre auf jeden Fall der falsche Gedanke. Aber ich glaube nicht, dass wir das tun“, sagte Hummels. „Wir haben eine Mannschaft, die in den Pflichtspielen sehr konzentriert und engagiert spielt. Und das werden wir am Sonntag auch machen.“

Mit seinem Stellungsfehler vor dem Gegentor von Shane Long war der Dortmunder maßgeblich mitverantwortlich für die erste Pflichtspielniederlage gegen die „Boys in Green“. Zeit für taktische Schulungen hat Löw wieder einmal nicht in den rund 54 Stunden zwischen der Rückkehr aus Irland und dem Anpfiff in der Leipziger WM-Arena. Die Beine ausschütteln, die Köpfe freibekommen, lautete die Devise nach der Ankunft mit der im Retro-Look versehenen Sondermaschine in der Sachsenmetropole am Freitagnachmittag.

Eine weitere Strafrunde als Tabellendritter in den Playoffs im November - die bei einer Niederlage fällig sein könnte - will sich Löw gar nicht erst vorstellen. „Wir wollen das Spiel gegen Georgien gewinnen und uns qualifizieren“, betonte er.

„Ich will einfach gewinnen“

Die Ausgangslage ist günstig, obwohl das DFB-Team erstmals unter Löw und erstmals seit 1983 überhaupt zwei Niederlagen in einer Qualifikationsrunde für ein großes Turnier kassierte. Aber sogar bei einer weiteren Niederlage wäre die zwölfte EM-Teilnahme in Serie für den dreimaligen Kontinentalmeister mit 19 Punkten perfekt, wenn es im Duell zwischen Polen und Irland (beide 18) einen Sieger gibt.

Rechenspiele sollen am Sonntagabend dennoch nicht notwendig sein, versprachen die Weltmeister. Und die Konstellation? „Interessiert mich nicht. Ich will einfach gewinnen. Dann weiß ich, dass wir weiter sind“, sagte Jérôme Boateng. Platz drei? „Darüber machen wir uns keine Gedanken. Weil wir einfach die Klasse haben, das Spiel zu gewinnen. Das werden wir dann auch tun“, versicherte Marco Reus.

Dass der Weltmeister-Bus das Aviva-Stadium von Dublin mit eingeschalteten Warnblinkern verlassen hatte, war kein Symbol für Alarmzeichen im Endspurt der EM-Qualifikation. Löw stellte dennoch ernüchtert fest, was auch 12,7 Millionen deutsche Fans an den TV-Geräten erstaunt hatte: „Das war eine der unnötigsten Niederlagen, die wir hinnehmen mussten in den letzten Jahren.“

Gerade das Gegentor und die wieder einmal schlampige Chancenverwertung wurmten Löw mächtig. „Wir müssen bei so einem Gegner ein Tor erzielen und dürfen keinen Fehler machen. Irland spielt 100 lange Bälle. 99 Mal haben wir alles richtig gemacht. Einmal nicht“, sagte der Bundestrainer. Generell wurden die Vorgaben nicht ausreichend umgesetzt. „Wir waren überlegen, aber wir haben aus der Dominanz nichts gemacht. Wir haben ein bisschen zu pomadig, zu langsam gespielt. Das war dann im Laufe des Spiels manchmal zu wenig“, sagte Löw.