Die Schau „Gefiederte Drachen“ im Stuttgarter Naturkundemuseum belegt, dass viele Dinosaurier ein Federkleid hatten.

Stuttgart -

 

Wenn es Federn hat, muss es ein Vogel sein? Von wegen! Mit diesem falschen Bild räumt die Ausstellung „Gefiederte Drachen – neue Saurier aus China“ gründlich auf. Heute diskutieren die Paläontologen, ob nicht viel mehr alle Dinosaurier Federn hatten – auch der berühmt-berüchtigte T-Rex. Befeuert wurde diese Diskussion durch paläontologische Funde aus Liaoning. 14 bedeutende Stücke aus der chinesischen Provinz sind von diesem Donnerstag an bis zum 18. Januar im Museum Am Löwentor zu sehen.

Direktorin Johanna Eder vergleicht die Funde mit „Kronjuwelen“. „Klein, aber fein“ sei die neue Ausstellung. Die Fossilien waren noch nie in Deutschland zu sehen, machen die Wissenschaftler deutlich. Einige haben China sogar noch nie zuvor verlassen. Nur der engen Zusammenarbeit der hiesigen Forscher mit ihren asiatischen Kollegen sei es zu verdanken, dass sie jetzt in Stuttgart Station machen.

Urfedern der Dinos waren hohle Borsten

Die Ausstellung veranschaulicht eindrucksvoll, wie eng Dinosaurier und Vögel verwandt sind, und bietet zugleich einen Einblick in die Entwicklung der Blütenpflanzen. Der erste Dino, bei dem Federn nachgewiesen wurden, war der Sinosauropteryx prima. Er wurde 1996 in Liaoning entdeckt. Die Ur-Federn hatten sich aus Reptilienschuppen entwickelt und waren hohle Borsten. Erst bei räuberischen Dinosauriern entwickelten sich die verzweigte Federn, wie man sie von Vögeln kennt.

Die vergleichsweise späte Erkenntnis, dass Dinosaurier Federn hatten, hatte ihren Grund im Zustand der Fossilien. Knochen und Zähne blieben oft erhalten, feinere Strukturen waren häufig verloren gegangen. Anders in Liaoning: dort hatten sich durch Aschewolken sehr feine Sedimente gebildet, in denen wertvolle Details Jahrmillionen überstanden. Die meisten Stücke sind rund 125 Millionen Jahr alt. „Wir konnten wichtige Lücken schließen. Es gibt viele Fragen, die wir heute besser beantworten können als noch vor 10 bis 20 Jahren“, sagt der Stuttgarter Saurierexperte Rainer Schoch.

Zum ersten Mal außerhalb Chinas zu sehen ist der vogelähnliche Anchiornis huxleyi. Er ist rund 160 Millionen Jahre alt und damit älter als der bekannte Urvogel Archaeopteryx. „Weil der Fund so gut erhalten ist, gibt er uns wichtige Hinweise auf die Stammesgeschichte“, erklärt Schoch. Der Anchiornis habe nicht so gut fliegen können wie der Archaeopteryx. Untersuchungen der Pigmentdichte hätten gezeigt, dass er graues Gefieder am Körper, schwarze Flügel und rote Wangen gehabt hat.

Federschwingen für den Gleitflug von Baum zu Baum

Besonders eindrucksvoll ist das Modell, das Stuttgarter Wissenschaftler nach Skelettfunden vom Microraptor gui gefertigt haben. Das Kerlchen hatte einen Raptorenschädel, ein schwarzes Federkleid und bereits Schwingen wie die Urvögel. Allerdings hatte der Microraptor fast ebenso lange Federn an den Unterschenkeln wie an den Armen. Schoch geht davon aus, dass der eifrige Kletterer sie für den Gleitflug von Baum zu Baum brauchte.

Anhand der Funde können die Paläontologen nachvollziehen, wann ungefähr sich die Flugfedern ausgebildet und wie sich einige Dinos von Gleitern zu aktiven Fliegern entwickelt haben. Dass die Vögel von Dinosauriern abstammen, wird immer bekannter. Doch warum die Vögel heute – anders als ihre Vorfahren – keine Zähne mehr haben, gilt als offene Frage. Schoch sagt: „Sie sind in der Kreidezeit verloren gegangen. Dann kam der Schnabel.“