Die Bezirksbeiräte Ronald Geiger aus Sillenbuch, Walter Schupeck aus Degerloch und Otto Kälble aus Plieningen nehmen am Parteitag der AfD in Essen teil. In einem Interview nehmen zwei von ihnen Stellung zum internen Streit in ihrer Partei.

Filder - Am Wochenende steht mit dem Referendum nicht nur eine dramatische Entscheidung in Griechenland an. Auch der Partei, die einst wegen der Griechenland-Politik der Bundesregierung gegründet wurde, droht auf ihrem Parteitag in Essen eine Zerreißprobe. Die AfD-Bezirksbeiräte Ronald Geiger aus Sillenbuch, Walter Schupeck aus Degerloch und Otto Kälble aus Plieningen werden in Essen mit dabei sein. Ronald Geiger und Walter Schupeck wollen sich vorab zum innerparteilichen Streit äußern, Otto Kälble will das nicht. Geiger und Schupeck werben für eine Abgrenzung nach rechts und erklären, warum ihre Partei, die als bürgerlich wahrgenommen werden will, nicht vor Rüpeleien sicher ist.

 
Eine Frage vorab: Die Griechenland-Krise spitzt sich dramatisch zu. Doch von der Partei, die einst gegründet wurde, um gegen die Euro-Politik zu kämpfen, ist wenig in der Debatte zu vernehmen. Wie erklären Sie sich das?
Walter Schupeck Foto: privat
Ronald Geiger: Bernd Lucke und andere äußern sich sehr wohl zu Griechenland. Die Presse scheint das aber nicht wahrzunehmen, weil ihr in Bezug auf die AfD wohl im Moment andere Themen wichtiger sind.
Walter Schupeck: Lucke und viele andere AfD-Funktionäre äußern sich weiterhin am laufenden Band mit ihrer kritischen Stimme zum Euro- und Griechenland-Drama. Täglich werden Pressemeldungen und Lösungsansätze an die Presse geschickt. Leider finden diese Stimmen in der Medienlandschaft seit geraumer Zeit kaum Gehör. Das Thema ist und bleibt ein Kernthema.
Lassen Sie uns nun über den Parteitag sprechen. Welche Erwartungen haben Sie an das nächste Wochenende? Wird der Konflikt zwischen den Flügeln der Partei gelöst, oder wird einer geschlagen vom Feld ziehen?
Ronald Geiger: Lucke und seine Linie werden eine klare Bestätigung erhalten. Es gibt in der AfD viele vernünftige Mitglieder, die nur nicht so laut sind wie andere.
Walter Schupeck: Ich erwarte eine deutliche Zustimmung zu Luckes bürgerlichem Kurs und die Bestätigung eines geschlossenen Bundesvorstandes. Mit einem starken Vorstand wird auch wieder Ruhe einkehren. Die Politikunfähigen werden auf lange Sicht keine Rolle mehr spielen.
Das klingt nach entweder oder. Geht es dann aus Ihrer Sicht darum, den rechten Flügel zurechtzustutzen?
Ronald Geiger Foto: z
Ronald Geiger: Jede Partei besteht aus verschiedenen Flügeln, aber sie darf eine gewisse Bandbreite nicht überschreiten.
Walter Schupeck: Diesem Flügel fehlt auch die führungsstarke Persönlichkeit.
Welche Konsequenzen erwarten Sie, wenn sich der Flügel um Frauke Petry und Alexander Gauland bei der Vorstandswahl durchsetzt? Und welche Konsequenzen würden Sie persönlich ziehen?
Ronald Geiger: Darüber mache ich mir keine Gedanken, da ich mit einer Mehrheit der Vernünftigen rechne. Alles andere muss man nach dem Parteitag sehen.
Walter Schupeck: Das wird die breite Mehrheit der vernünftigen Mitglieder zu verhindern wissen.
Haben Heinrich Fiechtners Äußerungen zum Koran oder Spitzenpolitikern anderer Parteien der AfD in Stuttgart geschadet?
Ronald Geiger: Wir haben in Deutschland leider ein Problem mit Parallelgesellschaften. Dem Islamismus müssen wir entschiedener entgegentreten und die Rolle vieler Islamverbände kritischer beleuchten. Es darf aber keine Sippenhaft für „den Islam“ oder „die Muslime“ geben. Der Zungenschlag in den Debatten gefällt mir teilweise gar nicht. Es gibt gerade in Stuttgart viele gut integrierte Muslime. Die sind mir herzlich willkommen. Gegen Heinrich Fiechtner hat der Stuttgarter Kreisvorstand ja bekanntermaßen ein Parteiausschlussverfahren beantragt. Daran erkennen Sie, dass er bei diesem Thema für sich und nicht für die Stuttgarter AfD spricht.
Walter Schupeck: Ja, sehr, das war ein völlig falscher Zungenschlag in der politischen Debatte und schon gar nicht AfD-Position. Der Kreisvorstand hat hier die entsprechenden Konsequenzen gezogen und ein Parteiausschlussverfahren angestoßen.
Bernd Lucke wollte eine seriöse bürgerliche Partei schaffen. Als solche wird die Partei allerdings von weiten Teilen der Medien – weder was die Umgangsformen noch die Positionen betrifft – wahrgenommen. Was ist aus Ihrer Sicht schiefgegangen?
Ronald Geiger: Das Problem haben alle Parteineugründungen. Jede neue Partei entsteht, weil Bürger mit der einen oder anderen Sache nicht zufrieden sind. Sie zieht aber auch Leute an, die besonders unzufrieden sind. Ich weiß nicht, ob eine Neugründung ohne diese Schwierigkeiten möglich ist.
Walter Schupeck: Die AfD ist deutlich zu schnell gewachsen. Jede neue Partei zieht auch viele notorische Querulanten und politikunfähige Unzufriedene an. Es ist sehr schwierig, solche Personen im Aufnahmeprozess herauszufiltern. Dennoch besteht der Großteil der Partei aus seriösen und vernünftigen Menschen.
War es für Sie immer leicht in der liberalen Großstadt Stuttgart, sich zur AfD zu bekennen? Wie sind die Kollegen der anderen Fraktionen im Bezirksbeirat mit Ihnen umgegangen?
Ronald Geiger: Probleme oder Anfeindungen hat es – abgesehen von der linksextremen Antifa – nicht gegeben, und im Bezirksbeirat arbeiten wir über die Parteigrenzen hinweg gut bei vielen Sachthemen zusammen. Am wichtigsten ist mir der Neubau des Geschwister-Scholl-Gymnasiums. Da ziehen wir alle an einem Strang.
Walter Schupeck: Aber ja, ich bin mit Vertretern aller politischen Parteien in einem konstruktiven Dialog. Bei Gesprächen mit Bürgern finde ich auch viel Zustimmung und Bestätigung. Im Bezirksbeirat gibt es über Parteigrenzen hinweg eine große Geschlossenheit, wenn es um Degerlocher Belange geht. Ich wurde im Bezirksbeirat sehr gut aufgenommen, und ich habe ein respektvolles und konstruktives Verhältnis zu allen Fraktionen.
Das Gespräch führte Cedric Rehman.