Gabriele Merz hat einen sicheren Job gegen das Lokal Emilie getauscht – und den Schritt nie bereut. Auch wenn einiges in ihrem zweiten Beruf anders ist als in ihrem ersten, so kommen ihr viele Eigenschaften zu Gute.

S-Süd - Auch wenn Gabriele Merz eigentlich etwas ganz anderes gelernt hat – mit ihrem neuen Job hat sie auch eine neue Bestimmung gefunden.

 

Wobei neu der falsche Ausdruck ist. Schon seit 1998 führt die ehemalige Bankkauffrau die Wirtsstube Emilie an der Mozartstraße 49. Zuvor war ihr Ehemann Eigentümer der Gaststätte, als dieser schwer erkrankte, hat Gabriele Merz das Zepter übernommen und ausgeholfen. „Ich habe mich dort gleich wohlgefühlt“, erzählt sie heute. Der Umgang mit Menschen macht ihr Spaß. „Es ist schön, wenn man etwas kocht, und den Leuten schmeckt es“, sagt sie. Auch wenn sie anfangs häufig mit ihrem Ehemann telefonieren musste, damit er ihr für die Küche Anweisungen geben konnte. Irgendwann lief es aber so gut, sowohl an der Bar als auch mit den schwäbischen, gut-bürgerlichen Gerichten in der Küche, dass sie die Wirtsstube nach dem Tod ihres Mannes übernommen hat.

Ins Bett geht sie erst in den frühen Morgenstunden

Auch wenn einiges in ihrem zweiten Beruf anders ist als in ihrem ersten, so kommen ihr viele Eigenschaften zu Gute. Vor allem: „Ich bin nicht gerade eine Frühaufsteherin.“ Da ihr Lokal erst um 18 Uhr öffnet, muss sie das auch nicht sein. Nach Ladenschluss ist sie häufig bis spät in die Nacht noch vor Ort, macht sauber und bereitet den nächsten Tag vor. Dann geht es erst in den Morgenstunden ins Bett.

Gabriele Merz betreibt ihr Lokal allein, das bedeutet viel Arbeit und einen großen Zeitaufwand. „Meine Wirtsstube ist mein Wohnzimmer“, sagt sie lachend. Lediglich am Samstag ist Ruhetag. Deshalb hängt auch ein Fernseher über der Tür des Emilie – obwohl im Lokal keine Fußballspiele übertragen werden oder andere Sendungen für die Gäste. Den Fernseher schaltet die Wirtin erst abends ein, wenn die letzten Gäste gegangen sind.

Die Wirtsstube ist wie ihr Wohnzimmer

Ein bisschen ist auch ihre Wirtsstube eingerichtet, als sei es ihr Wohnzimmer. Das Lokal ist klein und gemütlich, mit alten Holztischen und Stühlen auf schönem Dielenboden, als Kontrast dazu ist ein Teil der Wand mintgrün gestrichen. Je nach Saison schmückt Gabriele Merz den Innenraum. In der Vorweihnachtszeit haben Nussknacker und Weihnachtsmänner die Regale und Fensterbretter gesäumt. Auf einer großen Tafel stehen die Gerichte geschrieben, etwa Gulasch, Linsen oder Käsespätzle, je nach Saison kommen Gerichte hinzu.

Viele ihrer Gäste kommen aus der Nachbarschaft, auch die Wirtin wohnt gleich nebenan, seit sie Mitte der Achtziger von Sindelfingen nach Stuttgart gezogen ist. Eine Zielgruppe gibt es nicht. „Manchmal sind drei Generationen gleichzeitig da“, freut sich die Wirtin. Viele Gäste kommen seit Jahren in die Emilie. Viele kennt Gabriele Merz deshalb gut, kennt deren Lebensgeschichte, ihre Sorgen, und sie weiß immer, wer wann und wo im Urlaub ist.

In Zukunft soll es in ihrer Gaststätte in regelmäßigen Abständen Livemusik geben. Einer ihrer Gäste, der selbst Musiker ist, habe sie angesprochen. „Früher wurde hier ab und zu musiziert. Es ist schön, wenn wir das wieder aufleben lassen können“, sagt die Wirtin.

Gabriele Merz ist froh, den Schritt gewagt zu haben, nicht mehr als Bankkauffrau zu arbeiten, sondern Betreiberin eines Lokals zu sein. „Natürlich bedeutet das weniger Freizeit und weniger Geld“, sagt sie. Aber auch, das sei ihr am wichtigsten: „Mehr Freude und mehr Zufriedenheit.“