Fanny Tran-Nong betreibt seit zehn Jahren das „Noodle One“ am Wilhelmsplatz. Nebenbei engagiert sich die 45-Jährige für ein Waisenhaus in ihrer Heimat Vietnam. Ein Gespräch über Gastronomie, die Schwaben und asiatische Achtsamkeit.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Ein Restaurant zu führen, ist ein Knochenjob, sagt Fanny Tran-Nong. Die Arbeitszeit reiche oft bis weit in die Nacht hinein, bürokratische Auflagen durch Mindestlohn und Minijobs machen das Leben schwer. Die Gäste haben einen hohen Anspruch, vor allem, wenn man sich als asiatisches Restaurant nicht in die typische Schnellimbiss-Ecke einreihen möchte. Wer der 45-jährigen gebürtigen Vietnamesin gegenüber sitzt, merkt ihr von der harten Arbeit nichts an. Fanny Tran-Nong ist entspannt, fröhlich und plaudert über ihr Leben. Der ganzen Anstrengung begegnet sie ganz simpel: „Mit einem Lächeln.“

 

Gute Energie für jedes Gericht

Das möchte die Wahl-Stuttgarterin auch möglichst oft im Gesicht ihrer Gäste sehen. Seit zehn Jahren gelingt ihr das mit ihrem vietnamesischen Restaurant „Noodle One“ direkt am Wilhelmsplatz auch ganz gut. Ihr Geheimrezept ist ihre Leidenschaft. Ohne die könne niemand gute Arbeit leisten, ist sie überzeugt. Frische, regionale Zutaten und keine Geschmacksverstärker sind die Basis in jedem Gericht, welches bei Tran-Nong auf den Tisch kommt. Die entsprechende Würze, welche das Lächeln auf die Gesichter ihrer Besucher zaubern soll, ist jedoch etwas anderes. „Wir geben unsere ganze Energie in den Kochtopf, das gibt uns gute Energie zurück, mit der wir unsere Gäste glücklich machen“, sagt die Vietnamesin.

Mit 13 Jahren, im Jahr 1983, ist Tran-Nong mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen. Aufgewachsen in Villingen-Schwenningen im Schwarzwald kam sie mit 29 nach Stuttgart – für die Arbeit. Für die Arbeit in der Gastronomie natürlich. „Die ist uns ins Blut eingraviert.“ Uns, das ist ihre Familie. Bereits in der Heimat, im chinesischen Viertel in Saigon, besaßen die Eltern eine Suppenküche. In Stuttgart liegt die vietnamesische Küche inzwischen fast ganz in den Händen der Trans.

Angefangen haben sie und ihre Geschwister einst mit dem Imbiss „Sing-Ki Wok“ am Rotebühlplatz, ihr Bruder betreibt inzwischen noch das „Luc Lac“ am Stöckach. Die Desserts für die Restaurants macht die Mutter der fünf Geschwister selbst. Denn: „Ein gutes Restaurant braucht mindestens ein Gericht nach einem alten, traditionellen Rezept einer Mama“, ist Tran-Nong überzeugt, während sie ein Glas Dá Chanh reicht. Das Rezept für die Limettenlimonade mit frischer Minze, übersetzt Eis-Limonade, haben sie und ihr Bruder aus ihrer Heimat in Südvietnam mitgebracht.

Auch die Einrichtung – Tran-Nong spricht eher gehoben von Interieur – hat sie eigens aus ihrem Heimatland geholt. Die Farben, gelb und grün, hat sie mit ihrem Horoskop abgestimmt, angeordnet ist selbstverständlich alles nach Feng-Shui-Prinzipien. „Ich will hier kein 08/15 haben“, sagt sie bestimmt.

Asiatische Gelassenheit mit schwäbischer Zuverlässigkeit

Ein Hauch Vietnam will die 45-Jährige am Wilhelmsplatz vermitteln. Selbstverständlich aber mit schwäbischen Einflüssen. Denn die hat Tran-Nong natürlich in 16 Jahren Stuttgart längst verstanden. „Die Schwaben mögen es nicht, wenn sie veräppelt werden. Das was auf der Karte steht, muss man auch servieren.“ Das Tran-Nong genau dies umsetzt, gehört zu ihrem Selbstverständnis. Sie nennt das asiatische Achtsamkeit. Ihren Gästen will sie mit Wertschätzung und Respekt begegnen. Von den Schwaben hat sie sich deshalb genau die Eigenschaften abgeschaut, die dazu passen. „Hier gilt ein Mann, ein Wort“, sagt sie. Diese Zuverlässigkeit habe sie selbst sehr zu schätzen gelernt und wende sie nun an.

Dafür will sie natürlich etwas zurückgeben. Deshalb kümmert sie sich auch liebevoll um die Außendeko ihres Restaurants. „Ich möchte der Stadt etwas Schönes geben und nicht nur absorbieren“, sagt sie. Geben gehört zu ihrer asiatischen Achtsamkeit dazu. Weil nur ein schönes Restaurant zeigen, ihr nicht genügt, sammelt sie seit jeher für ein Waisenhaus in Vietnam. Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens ging deshalb Anfang Juni eine Woche lang jeweils ein Euro pro Gericht in den Spendentopf. Mitte Juli veranstaltet sie mit dem Sternerestaurant „Délice“ einen Gala-Abend bei sich. Auch diesen Erlös spendet die Gastronomin. „Für das Geld kaufe ich Dinge, die die Kinder auch wirklich brauchen“, sagt sie. Bei ihrer nächsten Vietnam-Reise will sie Kleider, Lebensmittel oder Spielsachen überbringen. Für ein Lächeln.