In seiner Conditorei verbindet Joachim Müsken seine Vorliebe für Künste, Cocktails und gute Gespräche. Gelernt hat er aber eigentlich etwas ganz anderes.

S-Süd - Im Mai hat Joachim Müsken mit der Conditorei ein neues Domizil an der Böblinger Straße 86 bezogen. Im vergangenen Jahr hatte der neue Hausbesitzer an der Firnhaberstraße gekündigt. „Zum 31. März dieses Jahres mussten wir raus“, erzählt Müsken und zieht an seiner Zigarette. Das städtische Flair der neuen Adresse gefällt ihm: Die Stadtbahnlinien eins und 14 rauschen direkt am Biergarten vorbei; in Sichtweite spielt eine Gruppe auf dem belebten Erwin-Schöttle-Platz Boule.

 

Die Conditorei ist ein „Raum der Kommunikation“

Sein Konzept überzeugte den Geschäftsführer des Generationenhauses Heslach, zu dem der markante Backsteinbau gehört. Er gab der Conditorei den Vorzug vor mehreren Mitbewerbern. Die Conditorei ist nämlich für Müsken mehr als Café, Bar oder Kneipe. „Es ist ein Raum der Kommunikation“, erklärt der 61-Jährige. Ein Raum, der sich nicht auf Drinks und Gespräche beschränkt. „Wir stellen junge, unbekannte Künstler aus, haben viele Live-Bands hier, und im Oktober findet erstmals eine Lesung statt“, sagt Müsken. Einmal im Monat kommt es zum „Tango Jam“; das ist ein Abend mit offener Bühne für Musiker und viel Raum für Improvisation. „Einmal sind ein paar Typen aus Buenos Aires aufgetaucht – die haben Tango gespielt, das war zum Niederknien“, erinnert sich der Gastronom.

Solche Abende sind es, an denen seine Idee einer Kulturstätte voll zur Entfaltung kommt. Die künstlerische Ausrichtung der Conditorei ist weniger Geschäftskonzept als vielmehr die Verwirklichung von Müskens persönlichen Faibles. „Ich habe mich schon immer mit den schönen Künsten beschäftigt, sei es Malerei, Musik oder Literatur.“ Mit diesem Interesse ging immer schon das Bedürfnis einher, sie mit anderen zu teilen. „Er ist ein sehr geselliger Mensch“, sagt eine Freundin, die den lauen Sommerabend gerade in der Conditorei ausklingen lässt.

Der Chef steht oft selbst hinter der Bar

Vor zwölf Jahren fand Müsken an der Firnhaberstraße den Ort, um Kunst und Konversation miteinander zu vereinen. Nun setzt er das Projekt in Heslach fort. „Ich habe festgestellt, dass viele meiner Stammgäste in Heslach wohnen“, sagt Müsken amüsiert. Das Publikum habe sich ein wenig verändert: Während früher ausschließlich Nachtschwärmer kamen, schlürfen heute auch Mütter mit Kinderwagen nachmittags ihre Latte macchiato.

Müsken selbst steht – ganz der passionierte Gastronom – häufig selbst hinter der Bar, um Gäste zu bedienen. „Das muss einfach sein“, sagt er. Mitgenommen hat der Besitzer sein Personal und den Namen des Etablissements: Vor Urzeiten hat es nach den Worten von Müsken nämlich an der Firnhaberstraße eine Konditorei gegeben; davon inspiriert bietet er seit geraumer Zeit „liquid cakes“, als „flüssige Kuchen“ als Cocktail-Variante an – darunter Apple Tart (Apfelkuchen) und Cherry Cream (Kirschtorte).

Wenn Müsken in der Conditorei die Decke auf den Kopf fällt, flüchtet er in sein Ingenieurbüro an der Reinsburgstraße, das er mit einem Partner betreibt. Denn Müsken ist nicht nur selbstständiger Gastronom, sondern auch Inhaber eines international agierenden Bauunternehmens. Mal reist er für Projekte nach Marokko, mal ist er in der Türkei unterwegs. „Diese Arbeit läuft dann eben oft nachts“, sagt Joachim Müsken beiläufig. Ob das nicht Stress pur sei, zwei Vollzeitberufen nachzugehen? „Ganz im Gegenteil: Das sind ganz verschiedene Welten. So verschieden, dass ich in der einen Urlaub von der anderen nehme und umgekehrt.“ Zumal er Leute hat, auf die er sich verlassen kann: auf seinen Geschäftspartner im Büro, und auf sein Barpersonal in der Conditorei. „Ich habe Menschen gefunden, die die Sache mit demselben Herzblut betreiben, wie ich es tue.“