In der Kirchheimer Schmiede spielen die Köche gekonnt mit den Erwartungen der Gäste. Unser Testesser Erik Raidt jedenfalls attestiert dem Restaurant nachgerade Sterne-Niveau.
Kirchheim/T. - Saitenwürstchen also. Saitenwürstchen kommen als Gruß aus der Küche – und das in einem Restaurant, dem man den gehobenen Anspruch ansieht an den weißen Tischtüchern und dem sorgfältig platzierten indirekten Licht im Gastraum. Einem Restaurant, das eine viel versprechende Karte präsentiert, die von einem stets aufmerksamen und freundlichen Kellner gereicht wird.
Dann stehen die Saitenwürstchen auf dem Tisch, dargereicht als Trilogie, einmal als Eintopf mit Linsen, dann als Wurstsalat und schließlich als Currywurst im XXS-Format, und schon ist die Frage beantwortet, wie das zu anspruchsvoller Küche passen soll: ausgezeichnet. Zwei junge Chefs haben in Kirchheim/Teck die Schmiede neu eröffnet, die längere Zeit leer stand. Mit ihnen eingezogen ist eine Küche mit viel Herzblut, mit Liebe zum Detail und mit charmanten Einfällen.
Wer kreativ beginnt, bekommt einen Vertrauensvorschuss: Wir wählen das Überraschungsmenü (38 Euro), das als Vorspeise an diesem Tag eine Kaninchenroulade mit pürierten Steckrüben bietet. Das Fleisch zerfällt gabelzart, es ist mild im Geschmack, wozu der süßliche Akzent der Steckrübe wunderbar passt. Auf der anderen Seite des Tischs steht ein marinierter Lachs an Ratatouille (11,60 Euro), wobei das Gemüse nicht stückig, sondern in Form von verschiedenfarbigem Mousse auf dem Teller serviert wird. Die Küchenmalerei überzeugt optisch – und geschmacklich mit einer Kombination aus pfeffrigen und süßen Aromen.
Sterneniveau für den normalen Geldbeutel
Weiter geht es, nicht im Schnellverfahren, sondern nach einer angenehmen Pause mit den Hauptgerichten und einem Küchenklassiker, dem Rinderfilet Rossini (25,70 Euro). Die Küche hat das Fleisch auf den Punkt gebracht, aus der reduzierten Sauce schmeckt Wein hervor. Beim Menü wird auf einem rustikalen Holzbrett saftiges Iberico-Schwein serviert. In zwei separaten Töpfchen finden sich dazu krosse Kartoffelwürfel mit etwas zu viel Salz, sowie Gemüse. In beiden Fällen trifft die Qualität des Produkts auf handwerklich überdurchschnittliche Fähigkeiten.
Was sich erklären lässt. Die Schmiede führen mit Vittorio Capezzuto und Christian Bez zwei Männer, die bereits in der Gastronomie und im Service in Sternehäusern gearbeitet haben. Unter anderem im Yosh in Stuttgart, wo sie sich kennenlernten und die Idee für ein eigenes Restaurant entstand. „Wir wollen keinen Stern mehr“, sagt Capezzuto, „aber wir wollen dieses Niveau für den normalen Geldbeutel erschwinglich machen.“
Zum Finale des Menüs serviert die Schmiede einen Ofenschlupfer mit gestückelten Äpfeln und cremigem Vanilleeis. Zum Abschluss bleibt die fast vollständige Kapitulation des Schreibers vor der Kochkunst und eine Warnung: Keinen Stern zu bekommen, könnte misslingen.
Schmiede
Alleenstraße 132, Kirchheim/Teck, Telefon 0 70 21 / 804 66 16, Internet www.schmiede-kirchheim.de. Geöffnet donnerstags bis montags von 18 bis 0 Uhr.
Die Bewertung:
Küche: *****
Service: ****
Ambiente: ****
***** = herausragend, **** = überdurchschnittlich, *** = gut, ** = Luft nach oben, * = viel zu verbessern
Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.