Zweieinhalb Jahre lang wurde das Landtagsgebäude saniert. Jetzt steht auch das darin befindliche Restaurant wieder allen offen – und ist noch besser als zuvor, sagt unser Gastrokritiker Matthias Ring.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Nach der Sanierung des Landtags ist mit dem Plenum auch die Gastronomie in Betrieb. Somit kann man wieder auf einer der schönsten Terrassen Stuttgarts sitzen, wo schon unter den Pächtern Eberhard Aspacher und dem tödlich verunglückten Peter Böhm das kulinarische Niveau gut war. Nun ist es noch besser – als in der Nachbarschaft inklusive Alte Kanzlei und Cube sowieso. In der Volksvertretung, von der nicht nur Abgeordnete und Opernbesucher profitieren können, gibt jetzt die Familie Benz den Ton an (Schwanen in Köngen und Catering). Geschäftsführer Marcel Benz hat die moderne Sachlichkeit des Restaurants behutsam umgestaltet: mit Sitzplätzen in einer Nische, dezent separierenden Schnurvorhängen sowie einer versetzten Bar.

 

Trotz der famosen Sicht durch die Scheiben – entscheidend ist der Blick auf die Küche. Dort steht Manuel Waldau, der viele Jahre für Steigenberger und das Casino in Konstanz tätig war. Und es scheint so, dass er zwischen Kalbsbäckle und Rostbraten an überraschende Kreationen der Vorgänger anknüpft. Etwa zum so knusprigen wie saftigen Goldforellenfilet (19,50 Euro) mit Feldsalatschaum und Kartoffelrisotto, in dem wilder Majoran und Kurkuma für den besonderen Kick sorgen. Auch sehr gut: die perfekt gebratene Maispoulardenbrust als Low-Carb-Gericht. Denn dazu gibt es „nur“ ein geschmeidiges Blumenkohlpüree und Gemüse (Karotten, Zuckerschoten, Brokkoli), das sanft gegart seinen ganzen Geschmack entfalten kann.

Wer so mit Gemüse umgehen kann, dem mag man kaum verzeihen, was er mit dem Salat anstellt (als Teil des Zwei-Gänge-Menüs mit der Poularde, 29 Euro): Die „Wildkräuter“ zu den kleinen Pfifferlingen sind schlaff und schmecken wegen eines äußerst zurückhaltenden Dressings nur nach Chlorophyll. Auch die zweite Vorspeise überzeugt nicht durch und durch. Die Weiderind-Lollis der „Benz Schmankerl“ (mit Kessler Benz Cuvée-Brut für 9,50 Euro) sind etwas zäh und fad. Der Rest aber ist ein schöner Opener: eine erfrischende Gurkenkaltschale, herzhafte Minimaultäschle (auf einem kleinen Löffel) und zwei milde Ziegenkäsetörtchen. Zum Schluss darf man noch mal applaudieren. Den geeisten Ofenschlupfer mit Schwarzen Johannisbeeren und Milchschaum (7 Euro) müsste man auch in Sterneküchen nicht verstecken.

Die kleinen Nachlässigkeiten bei den Vorspeisen können den Eindruck nicht trüben, dass hier mit sehr viel Sachverstand gearbeitet wird. Auch Marcel Benz weiß, dass es noch besser geht, gibt seinem Team aber souverän Zeit für Entwicklungen. Wir sehen Potenzial für einen zusätzlichen halben Stern – auch im Service, der sich einigermaßen mit den Weinen auskennt (ehrwürdige Vertreter aus Baden, Württemberg und darüber hinaus), die Gerichte jedoch angemessener vorstellen dürfte.

Die Bewertung:

Küche: 4 von 5 Sternen

Service: 3,5 Sterne

Ambiente: 4,5 Sterne

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.

Plenum Konrad-Adenauer-Straße 3, Telefon 0711 / 30 00 00 16, www.benz-plenum.de; Mittagstisch täglich 11.30 bis 14.30 Uhr, Sa/So bis 17.30 Uhr, Abendkarte 17.30 bis 21.30 Uhr, Late-Night-Karte 21.30 bis 23 Uhr