Der Warnstreik der Lokführer hat im Südwesten zu chaotischen Zuständen geführt. In Stuttgart und der Region wurde von 18 Uhr an der komplette S-Bahn-Verkehr lahmgelegt. Auch im Fernverkehr kam es zu Ausfällen. Die Gewerkschaft GDL zeigte sich mit dem Ausstand zufrieden.

Der dreistündige bundesweite Warnstreik der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hat am Montagabend auch in Stuttgart und der Region Pendlern den Feierabend verdorben. Von 18 Uhr an legte der Ausstand den S-Bahn-Verkehr lahm und verursachte auch im Fern- und Regionalverkehr Ausfälle und Verspätungen. Wer nicht rechtzeitig die Heimfahrt angetreten hatte, stand vor Zügen, deren Türen sich zwar öffneten und schlossen, aber keinen Meter mehr fuhren. Einige Züge hatten die Stammstrecke zwischen Hauptbahnhof und Feuersee lahmgelegt.

 

Das kurz nach 18 Uhr von einem Bahn-Sprecher angekündigte Störfallkonzept, das vorsah, diverse Linien oberirdisch im Hauptbahnhof halten und andere nur bis Kornwestheim oder Bad Cannstatt fahren zu lassen, konnte gar nicht in Kraft treten, da „überall Züge so positioniert waren, dass das gesamte Netz lahmgelegt war“, so ein Sprecher. Wir haben jetzt bei der S-Bahn eben die Stufe null.“ Nicht beschweren konnte sich das Taxigewerbe. Die GDL trieb den Taxifahrern die Pendler in großer Zahl zu. Lange Schlangen gab es auch an den Informationsschaltern. Im Hauptbahnhof erstreckten sie sich durch die halbe Halle. Um jeden Bahn-Mitarbeiter versammelte sich eine Menschentraube.

Fahrgäste reagierten mit Unverständnis

„Als ob es nicht reichen würde, den Güterverkehr und damit die Industrie zu bestreiken“, klagte ein Jahreskartenbesitzer unmittelbar nach Beginn des Ausstands im Internet. So reagierten laut Nachrichtenagentur dpa viele Pendler. Reisende warfen den GDL-Mitgliedern vor, den Warnstreik unzureichend angekündigt zu haben. Der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) stellte während der gesamten Dauer des Streiks auf seiner Internetseite fest, die Gewerkschaft habe „nur vage und teilweise widersprüchliche Hinweise auf die geplanten Streikaktivitäten gegeben“. Eine gezielte Information der Fahrgäste über die zu erwartenden Einschränkungen sei nicht möglich gewesen.

Um 18 Uhr hatte an der Haltestelle Feuersee ein Zugführer ein Zeichen gesetzt: Er verließ seine S-Bahn und ward nicht mehr gesehen. Eine Stunde später war dort kaum mehr ein Fahrgast unterwegs. Uninformierte schauten sich kurz auf dem Bahnsteig um, wunderten sich über die leeren Bahnen und offenen Türen, um dann zu versuchen, mit anderen Verkehrsmitteln nach Hause zu kommen – oder wenigstens zum Hauptbahnhof. „Ich muss nach Waiblingen“, stellte ein Fahrgast frustriert fest. „Da komme ich jetzt wohl nicht mehr hin.“ Die Abteilungsleiterin einer Versicherung am Feuersee hatte ihre Belegschaft früher nach Hause geschickt – sie selbst hat die letzte nicht bestreikte Bahn aber verpasst.

Der Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft, Lutz Dächert, sagte am Abend zur Kritik der Fahrgäste: „Es trifft immer jemanden.“ Die Öffentlichkeit sei aber sehr wohl rechtzeitig informiert worden.

Gewerkschaft ist mit dem Warnstreik zufrieden

Bundesweit haben bei dem Warnstreik nach Darstellung der GDL 90 Prozent der Güter- und Personenzüge am Montagabend stillgestanden oder hatten Verspätung. Die Mitglieder hätten einmal mehr gezeigt, dass „sie es satt haben, Überstunden zu machen und ihre berechtigten Interessen dann mit Füßen getreten werden“, sagte der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. Nachwirkungen des Ausstands sind auch noch im Berufsverkehr am Dienstagmorgen zu erwarten, wie ein Bahnsprecher warnte. Es sei eine große Herausforderung, alle Züge dorthin zu bringen, wo sie laut Fahrplan sein müssen. Er empfahl Reisenden, sich bei der Bahn im Internet zu informieren.