Kein Wunder, dass Johnsons erster Roman mit dem Titel „72 Jungfrauen“ – als Satire getarnt – auf Krawall gebügelt ist, geschickt abgemildert durch ein Quäntchen Selbstironie. Er porträtiert sich darin in der Figur eines konservativen Hinterbänklers namens Roger Barlow, eines Fahrrad fahrenden Schussels, dessen amerikanische Assistentin Cameron islamistischen Terroristen während einer Ansprache des US-Präsidenten (unschwer als George W. Bush zu identifizieren) Zugang zum Unterhaus verschafft.

 

Die Selbstmordattentäter, in Erwartung des islamischen Paradieses mit seinen 72 Jungfrauen für jeden Einzelnen, nehmen den Präsidenten als Geißel, um eine weltweite Abstimmung von Fernsehzuschauern über die Freilassung von Gefangenen aus dem US-Lager Guantánamo zu erzwingen. Das ist der Auftakt zu einer eher lahmen Story mit zahlreichen Anspielungen auf britische Politik und Medien, vielen despektierlichen Äußerungen über fast alles und fast alle, von den Amerikanern über Migranten, Schwule, Journalisten, Fernsehköche, den englischen Hochadel bis zu den Islamisten und einigen ganz netten Slapstick-Einlagen.

Eitelkeit geht vor Analyse

Doch Boris Johnsons Witz ist eher bösartig als böse, seine Satire arbeitet sich an Oberflächenphänomenen ab. Dies macht ein Vergleich mit dem satirischen Roman „Herr der Krähen“ des Kenianers Ngugiĩ wa Thiong’o deutlich, einer messerscharfen, satirisch überspitzten Analyse der Großmannssucht afrikanischer Potentaten und des kolonialen Erbes, das Afrikas politische Klasse noch immer beeinflusst. Auch dieser Autor porträtiert in seinem Buch Speichellecker und Intriganten, karrieregeile Polizeifolterer und korrupte Geschäftsleute. Er zeigt aber auch die Missverständnisse und Zufälle, die tieferen Verstrickungen und Charakterschwächen, die das Geschäft der Politik zu einem absurden Chaos machen.

Während der Schriftsteller und Universitätsdozent Ngugiĩ wa Thiong’o also offenlegt, wie Macht funktioniert, delektiert sich der Journalist und Politiker Johnson an seinen eigenen Provokationen. Er bedient damit zum einen seine Eitelkeit und verschafft zugleich jenem zweiten Politikertypus eine Tarnung, der seinen Einfluss lieber im Verborgenen geltend macht. Versteckt hinter all dem Rummel und der Medienaufmerksamkeit, die der flamboyante Politiker auf sich zieht, können nämlich die Herren in den grauen Anzügen ungestört weiter ihre Macht ausüben.

Johnson ging in Brüssel als Sohn eines konservativen Abgeordneten des Europäischen Parlaments zur Schule, wurde ausgebildet in Eton und studierte an der Universität Oxford Klassische Altertumswissenschaften. Eine solche Biografie macht ihn zum Prototyp eines Mitglieds der englischen Oberklasse, deren Akzent er mit herausforderndem Hochmut spricht. Der Blondschopf wurde Journalist – unter anderem Chefredakteur der ebenso snobistischen wie erzkonservativen Zeitschrift „The Spectator“. Danach machte er selbst Karriere bei den Torys, zunächst als Abgeordneter im Unterhaus, seit 2008 als Bürgermeister von London.

Wer im englischen Wikipedia nachschaut, wird auf mehr als ein Dutzend kleinerer und größerer Skandale stoßen, die mit seinem Namen verbunden sind. Meist handelt es sich um gezielte verbale Tabubrüche, festgehalten in einer ausfühlichen Zitatliste. Mal sagte er den Einwohnern von Liverpool eine „zutiefst abscheuliche Psyche“ nach, mal meinte er, wenn Schwule heiraten dürften, könnten sich ja auch zwei Männer und ein Hund vermählen, dann wieder bescheinigte er den Teilnehmern eines Londoner Galadinners zum irischen Nationalfeiertag „St. Patrick’s Day“ eine Nähe zur IRA.

Auf Krawall gebügelt

Kein Wunder, dass Johnsons erster Roman mit dem Titel „72 Jungfrauen“ – als Satire getarnt – auf Krawall gebügelt ist, geschickt abgemildert durch ein Quäntchen Selbstironie. Er porträtiert sich darin in der Figur eines konservativen Hinterbänklers namens Roger Barlow, eines Fahrrad fahrenden Schussels, dessen amerikanische Assistentin Cameron islamistischen Terroristen während einer Ansprache des US-Präsidenten (unschwer als George W. Bush zu identifizieren) Zugang zum Unterhaus verschafft.

Die Selbstmordattentäter, in Erwartung des islamischen Paradieses mit seinen 72 Jungfrauen für jeden Einzelnen, nehmen den Präsidenten als Geißel, um eine weltweite Abstimmung von Fernsehzuschauern über die Freilassung von Gefangenen aus dem US-Lager Guantánamo zu erzwingen. Das ist der Auftakt zu einer eher lahmen Story mit zahlreichen Anspielungen auf britische Politik und Medien, vielen despektierlichen Äußerungen über fast alles und fast alle, von den Amerikanern über Migranten, Schwule, Journalisten, Fernsehköche, den englischen Hochadel bis zu den Islamisten und einigen ganz netten Slapstick-Einlagen.

Eitelkeit geht vor Analyse

Doch Boris Johnsons Witz ist eher bösartig als böse, seine Satire arbeitet sich an Oberflächenphänomenen ab. Dies macht ein Vergleich mit dem satirischen Roman „Herr der Krähen“ des Kenianers Ngugiĩ wa Thiong’o deutlich, einer messerscharfen, satirisch überspitzten Analyse der Großmannssucht afrikanischer Potentaten und des kolonialen Erbes, das Afrikas politische Klasse noch immer beeinflusst. Auch dieser Autor porträtiert in seinem Buch Speichellecker und Intriganten, karrieregeile Polizeifolterer und korrupte Geschäftsleute. Er zeigt aber auch die Missverständnisse und Zufälle, die tieferen Verstrickungen und Charakterschwächen, die das Geschäft der Politik zu einem absurden Chaos machen.

Während der Schriftsteller und Universitätsdozent Ngugiĩ wa Thiong’o also offenlegt, wie Macht funktioniert, delektiert sich der Journalist und Politiker Johnson an seinen eigenen Provokationen. Er bedient damit zum einen seine Eitelkeit und verschafft zugleich jenem zweiten Politikertypus eine Tarnung, der seinen Einfluss lieber im Verborgenen geltend macht. Versteckt hinter all dem Rummel und der Medienaufmerksamkeit, die der flamboyante Politiker auf sich zieht, können nämlich die Herren in den grauen Anzügen ungestört weiter ihre Macht ausüben.