Der Musiker lässt sein Publikum einen Abend lang eine Zeitreise in Vergangenheit machen. Er spielt seine Hits aus über fünf Jahrzehnten. Müde wirkt der 69-Jährige dabei kein bisschen. Im Gegenteil: er spielt ohne Pause und genießt die Rückkehr auf die Bühne sichtlich.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Hinsetzen und einfach nur Zuhören geht gar nicht. Man stellt ja schließlich auch die Jukebox in der Kneipe nicht an, um dann zu lesen. Genauso verhält es sich mit Albert Hammond. Der Musiker macht seit über fünf Jahrzehnten Musik – und hat ganz offensichtlich nie einen Flopp gelandet. Und so ist er in der Lage, zweieinhalb Stunde (ohne Verschnaufpause für sich und sein Publikum ) auf der Bühne zu stehen und nur einen Ohrwurm nach dem anderen zu spielen. Alles schon mal gehört. Das Scala-on-Tour-Konzert in der Waldorfschule ist so etwas wie ein Gute-Laune-Ritt durch die eigene Biografie, in der es einen Abend lang kein Nachdenken über die Großen Koalition, die politische Lage in der Ukraine oder die Weihnachtsgeschenke für Kinder und Enkel gibt. Die Verabredung gilt für Publikum und Bühnenpersonal: wir sind jung, auch wenn der Rücken zwackt und die Hüfte nicht mehr ganz so geschmeidig kreist.

 

Von Erschöpfung keine Spur beim 69-Jährigen

Obwohl Hammond fast 70 Jahre alt ist, steht er selbst gut im Training. Er will den Kick an diesem Abend. Der Mann in Jeans und schwarzen Hemd kommt mächtig ins Schwitzen, seine Haare werden nass und nässer – aber von Erschöpfung keine Spur. Ganz im Gegenteil. Die Geschichten und Schlager sprudeln, als gäbe es kein Morgen. Der wuselig kleine Mann treibt sein Publikum immer wieder zum Mitklatschen an. Und immer wieder tauchen die Bühnenscheinwerfer die Zuhörer in gleißend helles Licht. „Ich möchte euch sehen“, sagt Hammond zwischen zwei Gitarrenakkorden. „Ihr seht aus wie ich“, sagt er und grinst. Er meint das Alter seiner Gäste.

Eigentlich hat er sich aus dem Konzertbetrieb zurückgezogen und für andere die Hits geschrieben. „One moment in time“ (Whitney Houston) etwa oder „I don’t wonna lose you“ (Tina Turner), sein „To all the girls I’ve loved before “ hat er mit Julio Iglesias auf dessen ersten Album für den amerikanischen Markt produziert. Nein, der gebürtige Brite, der nun in Los Angeles lebt, hätte es eigentlich gar nicht nötig.

Hammond wollte nach Jahren der Abstinenz wieder spielen

Doch nach einer langen Zeit der Bühnenabstinenz, so geht die Legende, stand er Backstage bei einem Konzert seines Sohnes, der Schlagzeuger bei den „Strokes“ ist, im Madison Square Garden und wusste: „Ich will wieder spielen“. Nun tritt er in nicht ganz so großen Sälen vor seine Fans . „Ich bin nicht mehr arm, ich kann es mir leisten, in kleineren Städten und vor kleinerem Publikum zu spielen, kokettiert er. Er nimmt schließlich für sich in Anspruch, 300 Millionen Tonträger verkauft zu haben. Im Grunde schenkt er sich selbst diese Konzerte als Wohlfühlprogramm. „Songbook“ heißt es, denn Hammond blättert darin durch das Liederbuch seines Lebens. In Ludwigsburg endete am Sonntagabend diese All-Inklusiv-Tour mit „Down by the River“, „These are the good old days“, „Little Arrows“ und all den andern Gassenhauern.

Und weil Hammond nicht erst seit gestern im Business ist, schüttelt er bei „One Moment in Time“ Hände im Publikum, beherrscht die Dramaturgie perfekt und spielt „Free Electric Band“ ganz am Schluss. Er weiß eben, wie man seine Publikum glücklich nach Hause schickt.