Auf dem Akademiehof, einer der Problemzonen der Stadt, versuchen die Generationen, miteinander zu reden. Einig sind sie sich, dass es nicht aufs Alter ankommt, ob man sich in dunklen Ecken bedroht fühlt.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Jeden Samstagmorgen geht Inge Löw auf den Wochenmarkt. Ihr Weg führt sie über den Akademiehof. Dann sieht die Seniorin oft die Überreste der vergangenen Nacht: Flaschen und Becher, die nicht immer in den Mülleimern landen. Als sie vom Angebot „Schwätzchen auf dem Akademiehof“ hörte, entschied sie sich hinzugehen – auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, warum manche jungen Leute, den Platz so hinterlassen.

 

Am Freitagabend war es dann soweit. Der Plausch zwischen den Generationen sollte stattfinden. Er ist nicht der erste dieser Art. Er ist eine von vielen Begegnungen zwischen jungen und älteren Ludwigsburgern, sagt Philipp Ziegler, der die Treffen als Jugendreferent der Barockstadt begleitet. Dass es nun auf dem Akademiehof, einer der Ludwigsburger Problemzonen stattfindet, vereint gleich zwei Anliegen: den Dialog der Generationen und das Gespräch mit denen, über die geklagt wird, die aber selten selbst gehört werden, wenn es in der öffentlichen Diskussion um sie geht.

Die Senioren sind in der Überzahl

Um 18 Uhr, als der Abend anfängt, freilich ist von den Gruppen, die hier Flaschen zerdeppern, wildpinkeln und ihren Müll einfach liegen lassen, nichts zu sehen. Das Treffen auf eine spätere Uhrzeit zu verlegen, ist jedoch schwierig. „Die Senioren wollen in der Mehrzahl wieder zu Hause sein, wenn es dunkel wird“, sagt Karin Stark von der Kriminalprävention.

Es ist heiß. Die gesprächswillige Gruppe der Senioren hat ihre Stühle im Schatten aufgebaut. Ein Eiswagen steht dort ebenfalls. Die älteren Herrschaften sind deutlich in der Überzahl. „Es gibt sogar eine Warteliste“, sagt Nora Jordan-Weinberg vom Kreisseniorenrat Ludwigsburg, die dieses und die vergangenen Treffen mitorganisiert hat. Die ersten jungen Leute, die sich zu den Senioren gesellen, sind Studenten der Filmakademie, die eine Pause machen. Das Eis lockt. Nur indirekt geht es nun um die Feierexzesse auf dem Akademiehof. Die Studenten, die hier Anrainer sind, können auch nur sagen, wie sie den Platz erleben und dass sie das nicht gut heißen. Aber immerhin: es beginnt ein Dialog.

Ein Eis gegen einen Schwatz

Als Matthias Ix (66) erzählt, dass er sich manchmal, wenn er abends an einer Gruppe von zehn oder 20 Jugendlichen vorbei muss, unwohl fühlt, wendet Raffaela (28) ein, dass ihr das genauso gehe. „Das trifft auch junge Leute“, sagt sie und findet Zustimmung. Irgendjemand sagt, dass gegenseitiger Respekt sehr wichtig sei. Alle nicken. Aber dann müssen die Filmstudenten weiter und Hans Ulrich Jordan, der die Treffen von Anfang an mitbegleitet, macht sich auf dem Akademiehof auf die Suche nach jungen Leuten, die er für ein Eis und einen Schwatz gewinnen kann.

Er findet ein Grüppchen. Mariam (18) erzählt, dass sie sich hier mit ihren Freunden trifft. Philipp (19) ist einer davon. Er steht schweigend hinter Mariam. Es entspinnt sich ein Dialog darüber, was sie nachher noch machen. Musik hören, erklären sie. Nach zehn Minuten verabschieden sich Mariam und ihre Freunde wieder. Artig – mit Handschlag. Auf ihre Frage, warum der Platz so aussieht, findet Inge Löw an diesem Sommertag keine Antwort.

Aus Sicht der Stadt hat sich die Situation verbessert

Aus Sicht der Stadt hat sich die Situation auf dem Akademiehof gegenüber dem Vorjahr jedoch schon verändert. Die großen Müllsäcke würden gut angenommen, sagt Christoph Balzer vom Fachbereich Sicherheit und Ordnung der Stadt. Die Abende, an denen 600 Menschen auf dem Platz Party machten, habe es dieses Jahr noch nicht gegeben. Das öffentliche WC, das die Stadt aufstellen lassen wollte, steht freilich noch nicht. Am Freitagabend ist ein Arbeiter wieder damit beschäftigt, das Treppenhaus zur unterirdischen Tiefgarage mit einem Hochdruckreiniger zu säubern.