Mit einer Erhaltungssatzung will die Barock- und Gründerzeitstadt den Aderlass an historischen Gebäuden stoppen und bei Neubauten darauf achten, dass sie zur Umgebung passen.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Das Marstallcenter ist unübersehbar, wenn man sich dem Marktplatz nähert. „Es ist ein Gebäude, das man so heute nicht mehr platzieren würde“, sagt der Ludwigsburger Chefstadtplaner Martin Kurt. Es sei der mahnende Zeigefinger. Aber an exponierter Stelle ein unpassendes Gebäude zu bauen, ist nur die eine Bausünde. Mindestens genauso bedrohlich für die Einzigartigkeit Ludwigsburgs ist der Verlust seiner historischen, das Stadtbild prägenden Bausubstanz.

 

Mit solchen Eingriffen soll nun Schluss sein. Der Bauausschuss hat am Donnerstagabend in großer Einigkeit eine Erhaltungssatzung für den Innenstadtbereich beschlossen, die nun noch der Gemeinderat verabschieden muss. Die Satzung soll für den Bereich zwischen B 27 und Bahnhof in Ost-West-Ausdehnung und von Friedrich- bis Heilbronner Straße in Nord-Süd-Ausdehnung gelten. Es sei jedoch gedacht, so Kurt, sie langfristig auf die Stadtteile auszudehnen.

Es geht um das Erscheinungsbild Ludwigsburgs

„Wir haben seit dem Jahr 2005 insgesamt 36 Gebäude verloren“, beschreibt Kurt den städtebaulichen Aderlass bei den erhaltenswerten Gebäuden. Das mache deutlich, dass das historische Stadtbild brüchig werde. „Es geht um die DNA unserer Stadt“, sagt der Baubürgermeister Michael Ilk. Das Thema liegt offenbar allen am Herzen. Schließlich ist das Erscheinungsbild Ludwigsburgs auch Bestandteil seiner touristischen Attraktivität.

Ein Manko in der Vergangenheit sei gewesen, so Kurt, dass die Stadt vom Abriss eines Gebäudes, das nicht unter Denkmalschutz steht, oft erst erfahren habe, wenn es zu spät sei. Die Landesbauordnung sieht bei einem Abbruch nur vor, dass die Verwaltung informiert werden muss. Mehr nicht.

Innerhalb des nun ausgewiesenen Gebietes sind zwischen Frühjahr 2013 und Frühjahr 2014 alle Gebäude mit einem Steckbrief versehen worden. Die Innenstadtkarte unterscheidet neben nicht schützenswerten Gebäuden solche, die unter Denkmalschutz stehen, besonders erhaltenswerte Bausubstanz und strukturprägende Gebäude. Etwa die Hälfte der Bebauung fällt unter eine dieser Kategorien – sei es nun als Barock- oder Gründerzeitgebäude. Die beiden Epochen machen das Gros der kartierten Häuser im Innenstadtbereich aus.

Erhaltungssatzung kann Bauvorhaben verhindern

Will nun ein Bauherr oder Investor ein erhaltenswertes oder strukturprägendes Gebäude abreißen, umbauen oder im Innenstadtbereich gar neu bauen, braucht er dafür die Zustimmung der Verwaltung. Die hat nun eine Handhabe, um Umbau oder Neubau zu versagen. Das neue Handbuch mit Gestaltungsrichtlinien sei eine Beratungsgrundlage für die Baubehörde in ihren Gesprächen mit den Bauherren.

Nach der Kommunalwahl wurde zudem ein Gestaltungsbeirat installiert, der die Gestaltungskommission ablösen wird. In ihm sitzen Vertreter des Gemeinderats und künftig noch fünf weitere Fachleute. Er soll projektbezogen konkrete Hinweise für eine „angemessene und zeitgemäße Gestaltung von Bauvorhaben an prägnanten Stellen im Baugebiet geben“. Die Stadt hat damit drei Instrumente, um ihr kulturhistorisches Erbe zu schützen. Die Aufstockung des Fassadenförderprogramms wolle die Verwaltung dem Gemeinderat jedoch erst für das Jahr 2016 vorschlagen, erklärt Kurt.

Sonderlich schnell ist Ludwigsburg mit der Verabschiedung der Erhaltungssatzung allerdings nicht. In Esslingen, das ebenfalls eine historische Innenstadt hat, gibt es nach Auskunft Franz Schneiders von der dortige Stadtplanung, eine solche Satzung seit Ende der 70er Jahre.