Die Frage ist für Ludwigsburg spannend: Wie haben der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen zusammengearbeitet? Der Ludwigsburger Historiker Volker Rieß versucht eine Antwort.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer war ein Mensch, für den die Suche nach NS-Tätern und deren Anklage vor deutschen Gerichten sein Leben nach 1945 bestimmte. Bauer, 1903 in Stuttgart geboren, entstammte einer jüdischen Familie, war Sozialdemokrat. Die Nationalsozialisten inhaftierten ihn 1933. Bauer gelang 1935 jedoch die Flucht ins Exil nach Dänemark. 1945 kam er zurück nach Deutschland. Er war maßgeblich am Zustandekommen der Auschwitzprozesse beteiligt. Entsprechend groß war sein Einsatz bei den Ermittlungen.

 

Der Ludwigsburger Historiker Volker Rieß beschäftigte sich in seinem Vortag im Staatsarchiv jetzt mit der Frage, wie das Verhältnis Fritz Bauers zu der 1958 geschaffenen Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen war. Dies zu beantworten, ist nicht leicht, da nicht alle Kontakte Bauers in schriftlicher Form vorliegen. Vieles ist wohl auch in Telefonaten besprochen worden. Zudem taucht Bauer selbst in den Verfahrens- und Korrespondenzakten der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt selten als Unterzeichner auf.

Die Suche nach Adolf Eichmann

An einem Beispiel lässt sich die Zusammenarbeit aber verdeutlichen: So haben Erwin Schüle, der erste Leiter der Zentralen Stelle, und Bauer bei der Suche nach dem Aufenthaltsort Adolf Eichmanns kooperiert. Immer wieder wurde in den Medien über den Ort spekuliert, an dem sich Eichmann aufhalten könnte. Daran wird beiden Ermittlern nicht gelegen sein. Rieß schließt aus den ihm vorliegenden Dokumenten auf eine gemeinsame Vernebelungsaktion der beiden, um zum Erfolg zu kommen.

Auch während des Eichmannprozesses arbeiteten Schüle und Bauer zusammen, wenn auch eher informell. Gerne hätte Schüle Eichmann für seine weiteren Ermittlungen persönlich in Israel vernommen. Da er aber 1937 selbst der NSDAP beigetreten war, verweigerte Israel ihm die Einreise. Schüle konnte zwar nicht durchsetzen, dass der hessische Staatsanwalt Dietrich Zeug als offizieller Vertreter der Zentralen Stelle nach Israel reiste. Zeug reiste für die Hessen. De facto schickte er seine Berichte aber nach Ludwigsburg und nach Frankfurt.

Fritz Bauers Arbeitsethos war unerschütterlich

Getrübt wurde die Zusammenarbeit jedoch, als sich eine Mitarbeiterin Schüles über die schwierigen Ermittlungen wegen der in NS-Verbrechen verstrickten Polizeibeamten beschwerte und von Schüle keine Rückendeckung bekam. Bauer nannte Schüle daraufhin einen Karrieristen, der Leitender Oberstaatsanwalt in Stuttgart werden und nicht anecken wolle. Für einen Mann mit dem Arbeitsethos Bauers war diese Haltung unverständlich.