Die Stadt Ludwigsburg macht einen Vorschlag, um ihren Bahnhof einfach barrierefrei zu bekommen. Dem Land und der Bahn gefällt er nicht.

Ludwigsburg - Für Erika Göller wird es Zeit, dass sich am Bahnhof etwas tut. „Wir fordern schon seit 20 Jahren einen barrierefreien Bahnhof“, sagt die Vorsitzende des Stadtseniorenrats Ludwigsburg. Derzeit sei der Einstieg der S-Bahnen etwa 30 Zentimeter höher als der Bahnsteig. „Das ist für Rollstuhlfahrer unmöglich, aber auch Menschen mit Gehstock haben Probleme beim Ein- und Aussteigen.“ Der Abstand zwischen S-Bahn-Einstieg und Bahnsteig beträgt genau 34 Zentimeter. Diese Höhendistanz will Arne Wintermeier reduzieren. Er ist bei der Ludwigsburger Projektentwicklung für den „Wohlfühlbahnhof“ zuständig. Dazu gehören die Neugestaltung des Omnibusbahnhofs, der anstehende Austausch der Bahnhofsaufzüge – und eben ein barrierefreier Bahnhof.

 

„Wir sind in Ludwigsburg in einer unglücklichen Situation: Der Bahnsteig ist nicht so gebaut, dass ein barrierefreier Zugang möglich ist“, sagt Wintermeier. In besonderem Maße betrifft es den mittleren Bahnsteig an den Gleisen zwei und drei. Hier werden bei den S-Bahnen täglich rund 35 000 Ein- und Ausstiege gezählt. Der naheliegende Gedanke, den Bahnsteig um die fehlenden 34 Zentimeter zu erhöhen, ist gleichzeitig auch der teuerste: Bis zu 800 000 Euro könnte der Umbau kosten und ist deshalb keine Option für die Bahn.

Der Vorschlag: Noch einmal 20 Zentimeter tiefer

Wintermeier schlägt deswegen einen anderen Weg vor: Im Jahr 2016 stehen Gleisbettsanierungen an. Dabei sollen Auswirkungen der sogenannten Unterstopfung beseitigt werden. Bei einer Unterstopfung werden die Schienen stabilisiert, indem zusätzliche Schottersteine untergelegt und aufgerüttelt werden. Die Schienen wachsen dabei aber langsam in die Höhe. Mittlerweile sind es 14 Zentimeter über dem Normalniveau. Statt nun wieder 14 Zentimeter nach unten zu gehen, schlägt Wintermeier vor, die Schienen noch zusätzliche 20 Zentimeter tiefer zu legen. „Ich bin kein Bauingenieuer, aber das müsste doch möglich sein“, sagt er.

Ein Bahn-Sprecher sieht das anders. „Die Idee klingt verlockend, aber das dürfte technisch nicht machbar sein.“ Ginge man mit den Gleisen zu tief, stoße man auf das Fundament. Außerdem müsse die Bahn mit den Oberleitungen verbunden bleiben.

Die Gemengelage ist komplex

Der eigentliche Knackpunkt ist eher, ob Gleis zwei und drei fortan ausschließlich für S-Bahnen genutzt werden sollen – wie es die Stadt gerne hätte. Bisher herrscht dort Mischverkehr: Es halten also auch Regionalbahnen – wiederum mit zu niedrigen Einstiegshöhen. Die Frage, wie der Ludwigsburger Bahnhof barrierefrei werden kann, hängt also auch davon ab, wo in Zukunft Regionalbahnen fahren. Gespräche dazu werden im September zwischen Stadt, dem Verband Region Stuttgart (VRS), dem Land und der Deutschen Bahn geführt. Die Gemengenlage ist komplex, eine Sprecherin der VRS sagt schon im Vorfeld, dass „es die eine Lösung, die allen Interessen gerecht wird, nicht geben kann“. Denn die Nahverkehrsgesellschaft des Landes pocht auf ihre Flexibilität mit möglichen Alternativhalten von Regionalbahnen an den Gleisen zwei und drei.

Als Alternative schlägt das Land dort eine partielle Erhöhung vor. So wäre der Einstieg am ersten Waggon der S-Bahnen barrierefrei. Entscheidungen sind aber erst zu erwarten, wenn das Land seinen Verkehrswegeplan fertiggestellt hat.

Die Modernisierung bringt Einschränkungen

Aufzüge
Die Bahn tauscht bis zum Ende des Jahres alle drei Aufzüge am Ludwigsburger Bahnhof aus. Die Arbeiten beginnen Mitte Oktober mit dem Aufzug in der Unterführung zu den Gleisen vier und fünf. Die Reisenden sollten sich auf Einschränkungen einstellen, denn der Austausch eines Lifts dauere etwa vier Wochen, heißt es bei der Bahn. Von der zweiten Novemberwoche an ist der Aufzug zu den Gleisen zwei und drei an der Reihe, ehe es in den Weihnachtsferien mit dem Aufzug zu Gleis eins weitergeht. Die Lifte sind seit elf Jahren in Betrieb und hatten häufig Störungen.

Böden
Von Montag, 25. August, an tauscht die Stadt die Bodenbeläge in der Bahnhofsunterführung aus. Während der drei Wochen andauernden Baustelle ist die Unterführung halbseitig gesperrt. Die barrierefreie Erreichbarkeit sei deshalb in dieser Zeit stark eingeschränkt, heißt es.