Das Konzept der Abfalltrennung im Kreis Ludwigsburg sei intransparent und wettbewerbsfeindlich, heißt es von privaten Entsorgern. Damit reagieren sie auf den Beitritt des Kreises zu einer Initiative, die den Müllmarkt komplett in kommunale Hände bringen will.

Ludwigsburg - Ausgerechnet Ludwigsburg. Michael Wiener, der Geschäftsführer der Holding Duales System, kann es kaum fassen, dass der Landkreis als erster in Baden-Württemberg der Gemeinschaftsinitiative Gemini beigetreten ist. Denn diese will das Duale System abschaffen – mit der Begründung, es sei intransparent und wettbewerbsfeindlich. Genau das wirft Wiener aber andersherum den Ludwigsburgern vor: Das Konzept, bei dem nur nach „Flach“ und „Rund“ getrennt werde, sei so speziell, dass es kaum ein Entsorger bewältigen könne. Der Wettbewerb sei also gleich null – die Kosten hingegen doppelt so hoch wie bei anderen Systemen.

 

Das Ludwigsburger Sammelsystem sei längst „über den Zenit seiner Zeit“ hinaus, sagt Michael Wiener. Hier werde ein „Sachstand aus den 90er Jahren zementiert“, der offenbar „sakrosankt“ sei. Zig Mal habe man bereits mit Ludwigsburg diskutiert, aber die Abfallgesellschaft AVL wolle das System offenbar aufrecht erhalten, „koste es, was es wolle“, schimpft Wiener. Dabei koste die für den Bürger sicherlich komfortable Trennung in „Flach“ (Papier, Folien, Tüten, Styropor) und „Rund“ (Glas, Dosen, Verpackungen) die Entsorger mehr als doppelt soviel wie die regulären Systeme. Hinzu komme, dass die Ausbeute, die recycelt werden könne, in Ludwigsburg viel geringer sei als anderswo.

Glasmüll hat extrem schlechte Qualität

Insbesondere der Glasmüll sei von extrem schlechter Qualität. Denn weil dieser gemeinsam mit Verpackungen gesammelt werde, sei er generell stark verunreinigt. Zudem fehle die Trennung nach Grün-, Braun- und Weißglas. Außerdem sei der Bruch viel höher als in Gegenden, wo Glas in getrennten Containern gesammelt werde, weil das Glas in Ludwigsburg zusammen mit Dosen und Verpackungen in den Müllwagen gepresst werde. Das sei schlecht, denn „je geringer der Bruch, desto höher die Ausbeute“, erklärt Wiener.

Bei der Ludwigsburger Abfallgesellschaft zeigt man durchaus Verständnis für die Kritik der privaten Entsorger. Doch angesichts der absehbaren bundesweiten Reform des Müllsystems lohne es sich nicht, jetzt etwas Neues einzuführen, erklärt die Pressesprecherin der AVL, Susan Djalali. „Das System mit ‚Flach’ und ‚Rund’ muss definitiv überholt werden“, räumt Djalali ein. Doch die Abfallentsorgung sei insgesamt gerade an einem Scheideweg, man warte auf das angekündigte Wertstoffgesetz der Bundesregierung. „Es ist immer schwierig, ein etabliertes System zu kippen, da bauen wir jetzt nicht noch einen Zwischenschritt ein“, sagt Djalali.

AVL hält vorerst an ihrem Sondersystem fest

Im Übrigen habe das Ludwigsburger Entsorgungssystem durchaus lange Zeit seine Daseinsberechtigung gehabt. Denn Anfang der 90er Jahre sei es geradezu revolutionär gewesen, als die AVL statt Sammelcontainern Papier- und Glastonnen vor der Haustür eingeführt habe. „Die Sammelmengen haben sich dadurch verdoppelt“, erzählt Djalali. Als kurz danach die neue Verpackungsverordnung kam, habe man auf diesen Erfolg nicht verzichten wollen. Das Ergebnis sei die Trennung nach „Flach“ und „Rund“ gewesen.

Man habe erkannt, dass nun etwas geändert werden müsse – allerdings auch in Bezug auf das Duale System. Immerhin sei der Kreis für die Müllentsorgung als Daseinsvorsorge zuständig. Angesichts der Finanzierungslücke beim Dualen System sei die Entsorgung vielleicht besser in der kommunalen Hand aufgehoben, erklärt Djalali. Mit dieser Einstellung steht die AVL nicht alleine da: Auch Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller spricht sich inzwischen öffentlich für die Abschaffung des Dualen Systems aus.

Angriff auf ein strauchelndes System

Gemini
: Die Abfallverwertungsgesellschaft Ludwigsburg (AVL) ist als erstes Entsorgungsunternehmen Baden-Württembergs der Gemeinschaftsinitiative Gemini beigetreten. Deren Ziel ist es, das Duale Müllsystem abzuschaffen und auch die Entsorgung von Verpackungsmüll wieder in kommunale Hände zu bringen. Der Grund dafür ist unter anderem eine massive Finanzierungslücke im Dualen System. Den privaten Entsorgern fehlen rund 50 Millionen Euro – offenbar, weil die Hersteller, die für die Entsorgung ihrer Verpackungen zahlen müssen, in großem Stil gesetzliche Schlupflöcher genutzt haben.

Entsorger
: Das Duale System räumt die Finanzprobleme ein. Doch man geht davon aus, dass die Schlupflöcher durch die inzwischen beschlossene siebte Novelle der Verpackungsverordnung gestopft werden. Zudem wolle man intern eine Lösung finden, um die Finanzen wieder zu stabilisieren.