Museumspädagogen haben Ludwigsburger mit Migrationshintergrund befragt und suchen nach den Spuren des Fremden in jedem von uns. Am Sonntag beginnt im Stadtmuseum die neue Ausstellung „Fremdgehen“.

Ludwigsburg - Mit der Ausstellung „Fremdgehen“ schlägt das Ludwigsburg-Museum MIK einen neuen Kurs ein: Das einzig Museale daran wird der Ort sein – das Stadtmuseum an der Eberhardstraße 1. Im übrigen solle nicht erzählt werden, wie Ludwigsburg einmal war, sondern wie es ist, jetzt hier zu leben. Und zwar für Menschen mit Migrationshintergrund. Das große Thema lautet „Ludwigsburg transkulturell“, und die MIK-Leiterin Alke Hollwedel sowie ihre Kuratorin Elisabeth Meier wollen es multimedial vermitteln: „Anstelle von Objekten gibt es interaktive Aktionen, Düfte und eine Reihe von Interviews.“

 

Das Fremde in uns

Gespräche mit zehn ausgewählten Ludwigsburgern stehen im Zentrum der Ausstellung, die am Sonntag beginnt. Dazu gehört auch die Veranstaltungsreihe „Haus der Kulturen“, die jeweils von einer Gruppe Ehrenamtlicher aus dem Umfeld des Integrationsbeirats veranstaltet wird. Am Tag der Vernissage wird es eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Willkommen in Ludwigsburg“ geben. Diskutieren werden Anne Kathrin Müller, die Integrationsbeauftragte der Stadt, sowie Silvia Maier-Lidle von der ökumenischen Fachstelle Asyl und Yodit Aiemut vom Integrationsbeirat. „Wir können nur Impulse zur aktuellen Debatte setzen“, sagt Hollwedel. „Unsere Ausstellung und die Aktionen sind ein Praxistest für Transkulturalität.“

Der Begriff sei bewusst gewählt – in Abkehr von der Interkulturalität. „Denn es geht darum, was jeder von uns an Fremdem mit sich trägt“, sagt die MIK-Leiterin. Das müsse keineswegs immer die Herkunft sein. Der Blick richte sich vielmehr auf die vielen kleinen Einflüsse wie etwa aus dem Urlaub mitgebrachte Essgewohnheiten, Vorlieben bei der Kleidung oder bei der Auswahl von Lieblingsfilmen. Die Prägung sei oft ein wilder Mix aus allerlei Kulturen.

Auch darum wird dem eher Kleinen und Randständigen viel Platz eingeräumt. Etwa den Düften. Jeder Gesprächspartner durfte einen besonderen Geruch aus seiner Kindheit benennen. Ausgewählt wurden zum Beispiel Weihrauch, türkischer Tee, Birkenblätter oder ein Basketball.

Das Beste aus zehn Gesprächen

Die erste Idee zu den Gesprächen geht auf den MIK-Mitarbeiter Timo Hauge zurück. Als der aber zum Jahreswechsel eine neue Stelle in Bochum antrat, hat Elisabeth Meier das Projekt fortgeführt. „Im Februar haben wir zunächst lockere Gespräche mit den ausgewählten Personen geführt, um das Vertrauen herzustellen“, sagt die Deutschfranzösin, „im März wurden dann die Interviews aufgezeichnet.“ Die Gespräche sind jeweils 45 bis 60 Minuten lang. Aber in der Ausstellung werden daraus nur Sequenzen von wenigen Minuten gezeigt. „Die Besucher sollen die Möglichkeit haben, bei einem Besuch möglichst viele Eindrücke mitnehmen können“, sagt Hollwedel. Schließlich habe jeder eine andere Geschichte zu erzählen.

Zu den ausgewählten Personen gehören Yodit Aiemut, die aus Eritrea stammt und bei der Stadtverwaltung beschäftigt ist; Professor Frank Baasner vom Deutsch-Französischen Institut; der aus Ägypten stammende Tamer Galal, der den Laden Body Planet betreibt; die Hip-Hop-Tänzerin Carina Clay; Danyiom Mesmer, der an der TV-Show Voice-Kid teilgenommen hat; Ékoué Vonoo, der 2014 zum Busfahrer des Jahres gekürt wurde; Julia Schell, eine Spätaussiedlerin aus Kasachstan; John Patrick, der Coach der MHP-Riesen; Wolfang Wanzenberg, der italienischer Abstammung und Wahlkreter ist, aber in Ludwigsburg lebt, sowie Kadri Yumurtaci, der nach vielen Arbeitsjahren wieder in die Türkei zurück wollte, aber in Ludwigsburg seine Liebe gefunden hat und geblieben ist.

Ausstellung und Aktionen

Vernissage
Die Ausstellung „Fremdgehen? Ludwigsburg transkulturell“ wird am Sonntag, 26. April, um 11 Uhr mit einer Vernissage eröffnet. Nach der offiziellen Begrüßung wird die Gruppe Carina Clay und die Culture Clash Crew tanzen. Geöffnet ist die Schau im MIK (Museum, Information, Kunst) dienstags bis sonntags jeweils von 10 bis 18 Uhr.

Haus der Kulturen
Die Ausstellung ist bis zum 27. September geöffnet. An vier Tagen werden Initiativgruppen ein eigenes Programm beisteuern und unter der Überschrift „Haus der Kulturen“ zu Musik, Tanz, Essen und Gespräch einladen. Diese Aktionen werden in Kooperation mit dem Ludwigsburger Büro für Integration und Migration entwickelt.

Interviewpartner
Insgesamt zehn Personen sind für die Ausstellung interviewt worden. Die Auswahl reicht vom Basketballcoach über den Bodybuilder bis zum Hip-Hop-Sänger.