Zur Demonstration für kulturelle Vielfalt und gegen Fremdenhass sind am Samstag fast 400 Menschen auf den Ludwigsburger Marktplatz gekommen.

Ludwigsburg - Der Start war nicht zu überhören: Minutenlang läuteten am Samstag gegen 16 Uhr die Glocken der beiden Kirchen am Ludwigsburger Marktplatz. Ein symbolischer Akt, der auf ein klares Bekenntnis hinweisen sollte: Einige Hundert Menschen waren gekommen, um hier gegen Rassismus und für kulturelle Vielfalt zu demonstrieren. Letztere zeigte sich bereits vor Ort– nicht nur im Publikum, sondern insbesondere auch auf der kleinen Bühne mitten auf dem Marktplatz.

 

Denn hier kamen neben den Organisatoren der Kundgebung – ein breites Bündnis verschiedener Gruppen aus Ludwigsburg – auch mehrere Flüchtlinge zu Wort, die in der Barockstadt eine neue Heimat gefunden haben. Sie erzählten von ihren Erfahrungen mit Krieg, Vertreibung und Flucht und davon, wie es ihnen inzwischen in Ludwigsburg ergeht.

Frau aus Eritrea berichtet von ihrer Flucht

So berichtete Yodit Aiemut davon, wie sie vor 30 Jahren als Zwölfjährige aus Eritrea geflüchtet sei. Ein Jahr lang habe es gedauert, bis sie 1986 endlich mit ihrer Mutter in Ludwigsburg ankam. Sie lernte Deutsch, machte einen Schulabschluss und arbeitet heute bei der Ludwigsburger Stadtverwaltung – unter anderem ist sie inzwischen Mitglied im Integrationsbeirat der Stadt. „Ich erzähle das, um zu zeigen, dass hinter jedem Flüchtling eine ganz persönliche Geschichte steckt“, sagte Yodit Aiemut. Damit wolle sie pauschalem Fremdenhass in Ludwigsburg vorbeugen.

Noch längst nicht so geordnet ist das Leben von Lilia Amatuni. Die 33-jährige armenische Christin kam erst vor vier Monaten zusammen mit ihrem Mann aus Syrien nach Deutschland. Es war nicht die erste Flucht der Familie: 1988 seien sie bereits aus Aserbaidschan ins syrische Aleppo geflohen, erzählte Lilia Amatuni. „Wir starteten ein neues Leben und hofften auf Frieden.“ Doch mit Beginn des Bürgerkriegs habe sich 2011 wieder alles geändert – letztlich konnten sie nicht mehr bleiben. „Wir ließen unser ganzes Leben dort“, so Amatuni. Doch der freundliche Empfang in Ludwigsburg habe ihnen wieder Hoffnung gegeben. Ähnliche Erfahrungen schilderten auch Ayman Madkhena und Ferman Al Kasari, die ebenfalls aus Syrien geflohen sind.

Auf eher humorvolle Weise versuchte Felix Walz vom Schwäbischen Heimatbund darzustellen, wie unwichtig die Herkunft eigentlich sei. Das sei schon ganz einfach an einem alten schwäbischen Sprichwort zu erkennen: „Eine schwarze Kuh gibt auch weiße Milch.“ Er habe den Verdacht, dass diejenigen, die stets von Überfremdung sprächen, sich überhaupt nicht mit ihrer eigenen Kultur befassten – das sei aus seiner Sicht eine viel größere Gefahr für die Kultur als Einwanderer, so Walz.

Dekan verweist auf biblischen Auftrag zur Flüchtlingshilfe

Görhan Ag vom Alevitischen Kulturzentrum Ludwigsburg stellte klar: „Vielfalt ist eine Bereicherung, deshalb müssen wir uns gegen die braune Gefahr von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit stellen.“ Nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt müssten Rassisten politisch bekämpft werden, betonte er. Sein Vorschlag: „Lasst uns die Welt verändern, damit niemand mehr flüchten muss.“ Der evangelische Dekan Winfried Speck verwies im Namen von Evangelischer und Katholischer Kirche darauf, dass Christen der Umgang mit Flüchtlingen ohnehin nicht fremd sein dürfte: „Die Hilfe für Notleidende ist ein biblischer Auftrag“, betonte er.

Oliver Kube, Linken-Stadtrat und Mitinitiator der Veranstaltung, zeigte sich zufrieden: „Die Vielfalt ist zu sehen: Es sind alle Generationen vertreten, außerdem Vertreter verschiedener Religionen, Parteien, Gruppen und Vereine.“ Dass es gelungen sei, ein so breites Bündnis für die Kundgebung zu motivieren, sei schön. Zudem seien die Erwartungen übertroffen worden, sagte der Moderator Subramaniya Suresh: Man habe mit 250 Teilnehmern gerechnet, fast 400 seien gekommen.

Aktion wird von zahlreichen Gruppen unterstützt

Veranstalter:
Die Idee für eine Demonstration gegen Fremdenhass und für kulturelle Vielfalt kam von der Partei Die Linke. Die Aktion wurde jedoch von zahlreichen weiteren Ludwigsburger Gruppen unterstützt, unter anderem von der Evangelischen und der Katholischen Kirche, von der Stolperstein-Initiative, dem Schwäbischen Heimatbund sowie von Gewerkschaften.

Aktion:
Zu der Kundgebung kamen nach Schätzungen der Veranstalter fast 400 Menschen. Die Aktion wurde musikalisch begleitet von Lubu Beatz, einem Projekt der Liebenzeller Mission, bei dem Jugendlichen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund die Möglichkeit geboten wird, eigene Songs zu schreiben, aufzunehmen und auf die Bühne zu bringen.

Kritik
: Die Demo wurde im Vorfeld von den Fraktionschefs der CDU und der Freien Wähler als Parteiveranstaltung der Linken kritisiert.