Die Initiative Synagogenplatz wird mit dem Karl-Mommer-Preis geehrt. Ob ein von ihr ausgewählter Entwurf auch realisiert wird, entscheidet der Gemeinderat. Das Konzept könnte dem Sparzwang geopfert werden.

Ludwigsburg - Die Initiative Synagogenplatz hat ihre Arbeit gemacht: Nach jahrelangen Debatten und mehreren Ideenwerkstätten liegt nun ein Entwurf für die Gestaltung des Platzes an der Alleenstraße auf dem Tisch. Die Jury des Karl-Mommer-Preises würdigt den Einsatz der engagierten Frauen und Männer mit einem Preis. Ob die Erinnerungsstätte aber tatsächlich gebaut wird, hängt vom Ludwigsburger Gemeinderat ab. Hatte es bis zum Sommer noch geheißen, der Platz der ehemaligen Synagoge werde im kommenden Jahr endlich neu gestaltet, steht dahinter jetzt wieder ein großes Fragezeichen: Denn die Stadt will sparen. Das Konzept könnte deshalb erneut auf die lange Bank geschoben werden.

 

Im städtischen Haushaltsentwurf für 2013 sind 120 000 Euro als erste Rate für die Umgestaltung vorgesehen. Aus den Reihen von SPD und FDP ist zu hören, dass deren Fraktionen auch daran festhalten möchten. „Man kann die Bürger nicht so lange ehrenamtlich arbeiten lassen und dann die Realisierung der Projekte immer wieder verschieben“, erklärt etwa der SPD-Stadtrat Eckart Bohn.

„Es gibt keine Zeitzeugen mehr“

„Ich höre das gern“, sagt Jochen Faber von der Initiative Dialog Synagogenplatz. „Aber ich freue mich auf den Tag, an dem die Gestaltung auch wirklich beschlossen ist.“ Der Sprecher des Arbeitskreises warnt davor, Erinnerungskultur und Haushaltskonsolidierung gegeneinander auszuspielen. Es sei höchste Zeit, den Platz, auf dem die Ludwigsburger Synagoge stand, zum Sprechen zu bringen: „Es gibt keine Zeitzeugen mehr.“ Der Entwurf, den eine Arbeitsgruppe aus Initiativen-Mitgliedern, Stadträten und Verwaltungsmitarbeitern aus 40 Vorschlägen ausgewählt hat, tauge dafür.

Durchgesetzt hat sich die Idee, mehrere Dutzend Koffer über den Platz zu verteilen – ganz so wie das schon einmal 1998 anlässlich einer Protestaktion gegen Rassismus zu sehen war. „Darauf sollen die Namen und Geburtsdaten der ermordeten Ludwigsburger Juden stehen“, sagt Faber. Als zweites Konzept sei die Darstellung eines siebenarmigen Leuchters – einer Menora – lange im Rennen gewesen. Am Ende aber habe sich das Gremium gegen die Versinnbildlichung der verloren gegangenen Religionsgemeinschaft entschieden. „Die Deportation der Juden ist das größere Verbrechen“, sagt der Initiativen-Sprecher. Darum habe man sich für die Koffer entschieden: „Das ist das, was schockiert. Man hat den Menschen, die in die Vernichtungslager geschickt wurden, vorgegaukelt, sie würden nur verreisen.“

Internetwand erzählt auch von Überlebenden

Viele Detailfragen sind noch nicht geklärt. So ist noch offen, ob echte Koffer aufgestellt werden, die beispielsweise mit Beton ausgegossen werden, oder ob ein anderes Material gewählt wird. „Wir müssen uns da noch mit einem Bildhauer beraten“, sagt Faber. Auch wie viele Koffer es sein müssen, steht noch nicht fest. Gemeinsam mit der Initiative Stolperstein wird noch einmal nachgeforscht, ob die Zahl der ermordeten Juden nicht noch größer war. Bisher ist man von 45 ausgegangen. „Wir wollen aber auch eine Erinnerungsstätte für die verfolgten Juden schaffen, die im Ausland überlebt haben“, sagt Faber. Auch ihre Geschichten sollten dokumentiert werden. Der Arbeitskreis möchte dafür Elektronik installieren. „Das könnte so sein wie das Stadtinformationssystem. Eine Art öffentliche Internetwand.“ Ob die Bäume stehen bleiben, ist ebenfalls offen. Fest steht aber, dass Tiefbauarbeiten nötig werden, um den Platz trocken zu legen.

„Das wird einen Haufen Geld kosten und man wird am Ende nicht viel davon sehe“, meint der Initiativensprecher. Trotzdem hofft er, im November 2013 beim Gedenken an den Synagogenbrand von 1938 „wenigstens auf einer Baustelle zu stehen“.