Ein 31-Jähriger muss wegen zweifachen Tankstellenraubs sechs Jahre ins Gefängnis. Seine damalige Verlobte bekommt Bewährung – und eine ungewöhnliche Auflage.

Heilbronn - Schon am dritten Verhandlungstag hat das Landgericht Heilbronn sein Urteil gefällt: wegen schwerer räuberischer Erpressung ist ein 31-jähriger Mann am Mittwoch zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hatte im Oktober 2013 mit einem Messer in der Hand zwei Tankstellen überfallen. Beim ersten Versuch in Sachsenheim konnte er kein Geld erbeuten, da die Kassiererin sich weigerte, die Kasse zu öffnen. Der Angeklagte floh. Im zweiten Fall in Bietigheim-Bissingen hatte er Erfolg: mit etwa 900 Euro verschwand er aus der Tankstelle.

 

Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwältin, die beide Überfälle als „klassische Beschaffungskriminalität“ bezeichnete. Denn der Angeklagte war seit Jahren heroinsüchtig. Bereits am zweiten Verhandlungstag hatte der Mann eingeräumt, am Tag der ersten Tat am 19. Oktober „aus Angst vor den Schmerzen des Entzugs“ den Entschluss gefasst zu haben, eine Tankstelle zu überfallen. Ohne diese Angaben hätte der erste Raub wohl aus Mangel an Beweisen nicht aufgeklärt werden können, sagte die Richterin später.

Sein Geständnis und die Tatsache, dass der Täter sich per Brief bei den Kassiererinnen der Tankstellen entschuldigt hat – beides wertete das Gericht als Indiz, dass der 31-Jährige Einsicht und Reue zeige. Ein Gutachter hat zudem die verminderte Schuldfähigkeit wegen Heroinsucht bestätigt. Unstimmigkeiten bei der Beurteilung gab es nur in einem Punkt: die Kassiererin der Sachsenheimer Tankstelle hatte ausgesagt, dass der Täter, als er ohne Beute floh, sich am Ausgang noch einmal zu ihr umgedreht und gesagt habe: „Das wird dir leid tun“. Der Angeklagte hingegen erklärte, er habe „Es tut mir leid“ gesagt – ein nicht unwesentlicher Unterschied. Denn die Kassiererin gab nach dem Überfall und wegen der Drohung ihren Job auf, zog um und begab sich in therapeutische Behandlung. Das Gericht hielt die Version der Frau für plausibler.

Bereit für eine Entzugstherapie

Der Angeklagte signalisierte, dass er bereit zu einer Entzugstherapie sei. In der Vergangenheit allerdings war bereits eine Therapie gescheitert. Der Mann war rückfällig geworden, weswegen eine andere Freiheitsstrafe, ursprünglich zur Bewährung ausgesetzt, doch vollstreckt werden musste. Die sitzt der Täter seit November 2013 ab. Insgesamt hat der 31-Jährige sieben Vorstrafen, unter anderem wegen Schwarzfahrens, Diebstahls und Drogenhandels.

Weniger eindeutig war der Rolle seiner damaligen Verlobten – und Komplizin. Sie hatte die Tankstelle in Sachsenheim am Tag der Tat zweimal im Auftrag ihres Freundes ausspioniert, um zu sehen, ob die Kassiererin alleine ist. Ihre Verteidigerin stellte sie als Mitläuferin dar, „die nur getan hat, was sie immer tut: machen, was man ihr sagt“. Sie habe sich das Leben ihres damaligen Freundes überstülpen lassen. Er habe sie auch zum Heroinrauchen verführt und damit abhängig gemacht. Die Beschaffung habe sie jedoch ihm überlassen.

Hier folgte das Gericht dem Plädoyer der Verteidigerin und verurteilte die 23-Jährige nicht als Täterin, sondern wegen Beihilfe zu versuchter Erpressung. Die Kammer sah weder Anhaltspunkte für eine gemeinsame Tatplanung noch dafür, dass die Angeklagte wollte, dass ihr Verlobter einen Raub begeht. Auch habe sie nicht gewusst, dass der 31-jährige mit einem Messer in die Tankstelle geht.

Eine ungewöhnliche Strafe für die Ex-Freundin

Das Gericht verurteilte die Frau zu einem Jahr Gefängnis, ausgesetzt zur Bewährung. Zusätzlich muss die 23-jährige Arbeitslose 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, in den kommenden zwei Jahren acht Drogentests vorlegen und weiterhin eine Drogentherapie machen. Zudem muss die Frau noch eine eher ungewöhnliche Auflage beachten: Die Richterin verdonnerte sie dazu, binnen eines Jahres jeden Monat mindestens fünf Bewerbungen zu schreiben und diese ihrem Bewährungshelfer zu zeigen. „Es kann nicht sein, dass Sie in einem halben Jahr nur sechs Bewerbungen geschrieben haben“, kritisierte die Richterin. Während der Verhandlung war es auch um die Arbeitsmotivation und die Berufsaussichten der jungen Frau gegangen. Die Richterin bekräftigte noch einmal: „Nur Chillen und mit dem Hund Gassi gehen – das reicht nicht für einen Job.“