Zwei junge Frauen wollen ein Ortsmuseum im Ludwigsburger Stadtteil Neckarweihingen einrichten. Es soll modern, abwechslungsreich und interaktiv werden.

Ludwigsburg - Sie sind nicht die typischen Vorkämpfer eines Heimatmuseums. Die sind normalerweise eher älteren Semesters und haben im Ruhestand viel Zeit. Kerstin Hälbig und Nicole Leibersberger hingegen sind Anfang und Mitte 30 und stehen voll im Leben. Dennoch interessieren sie sich brennend für die Geschichte ihres Heimatortes Neckarweihingen. Allerdings merken sie, dass es immer weniger Menschen gibt, die ihnen aus eigener Erfahrung erzählen können, wie es hier früher einmal aussah. Deshalb wollen sie zusammen mit einigen Mitstreitern des Bürgervereins das Wissen über die Historie konservieren – in einem Ortsmuseum.

 

Hälbig und Leibersberger planen etwas Modernes. Ein dunkles, enges Ortsmuseum, das mit altem Zeug vollgestellt ist, können sie sich nicht vorstellen: „Wir wollen nicht fünf verschiedene Dreschschlegel nebeneinander präsentieren“, erklärt Kerstin Hälbig. Vielmehr schwebe ihnen eine interaktive Einrichtung vor, in der es ständig etwas Neues zu entdecken gibt. So sollen die Exponate mit modernen Medien verknüpft werden, etwa über QR-Codes für Smartphones oder Tablet-Anwendungen. Neben einer Dauerausstellung sollen wechselnde Sonderschauen geboten werden, die sich eingehend mit Einzelaspekten der Geschichte befassen, etwa mit Neckarweihingens Künstlern, mit seinen Firmen oder Vereinen.

Der Weinbau als roter Faden

Das Leitthema des Museums soll der Weinbau sein, der den Ort nachhaltig geprägt hat. Mit Hilfe dieser Spezialisierung könne man sich deutlich von anderen Heimatmuseen unterscheiden und habe gleichzeitig einen roten Faden, um die Historie des Ortes über das Mittelalter, die Zeit der Römer und Alemannen bis in die Steinzeit darzustellen, glauben Hälbig und Leibersberger. Im Fokus stehen soll dabei insbesondere der 1796 in Neckarweihingen geborene Immanuel Dornfeld, der Hauptinitiator der Weinbauschule in Weinsberg, nach dem auch die Rebsorte Dornfelder benannt wurde.

Den Weinbau halten Kerstin Hälbig und Nicole Leibersberger auch deshalb für ein ideales Leitthema, weil es sich sehr gut für verschiedene Aktionen eigne. So können sie sich Kostümführungen als Dornfeld oder dessen Frau durch das Museum oder durch den Ort vorstellen, anschließend könnten Weinproben mit Dornfelder und Neckarweihinger Weinen angeboten werden. Auch Mal- oder Fotowettbewerbe zu dem Thema seien denkbar. Zudem soll an das Museum ein Veranstaltungsraum angeschlossen sein, in dem Vorträge, aber auch Konzerte oder Kabarettabende stattfinden könnten.

Wunschobjekt fürs Museum ist der Birklenhof

Unklar ist allerdings noch, wo das neue Ortsmuseum unterkommen könnte. Das Wunschobjekt von Hälbig und Leibersberger wäre der 1618 gebaute Birklenhof in der Hauptstraße 41 – das älteste in der Ortschronik erwähnte Gebäude Neckarweihingens. Dieses wurde jüngst von Bernhard Remmele, Geschäftsführer der Bäckerei Luckscheiter und Stadtrat der Freien Wähler im Ludwigsburger Gemeinderat, gekauft. Er kann sich ein Ortsmuseum samt Kulturkeller dort sehr gut vorstellen, doch es sei noch nicht absehbar, ob das realisierbar ist, sagt Remmele. Zum einen müsse der Birklenhof saniert werden – er wisse jedoch nicht, in welchem Umfang. Zum anderen baue die benachbarte Kreissparkasse ebenfalls, daher müsse man klären, inwiefern die Pläne kollidieren könnten.

Auch bei der Stadt ist man angetan vom Projekt Ortsmuseum. „Das ist bürgerschaftliches Engagement, das unterstützen wir grundsätzlich immer“, sagt der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried. Allerdings müssten eine „gescheite Struktur und angemessene Öffnungszeiten“ garantiert werden, damit die Stadt ein solches Projekt auch finanziell fördern könne. Die Details der möglichen Unterstützung sollen demnächst ausgehandelt werden.

Museums-Team steht in den Startlöchern

Kontakte
Kerstin Hälbig und Nicole Leibersberger wollen das Ortsmuseum so schnell wie möglich einrichten. Sie haben bereits zahlreiche Spenden und Leihgaben dafür von Bürgern erhalten, zudem haben sie Kontakte zur Familie Dornfelder aufgenommen, ebenso zur Familie des Malers Fritz Ketz, der jahrelang in Neckarweihingen lebte. Ihr Traum wäre es, Terence Hill, dessen Mutter bis vor zwei Jahren in Neckarweihingen lebte, zur Eröffnung des Museums zu gewinnen.

Projekte
In anderen Stadtteilen Ludwigsburgs gibt es ähnliche Bestrebungen. In Pflugfelden will der eigens dafür gegründete Heimatverein ein Ortsmuseum im Alten Rathaus einrichten. In Eglosheim und Poppenweiler gibt es bereits vereinsbetriebene Ortsmuseen – hier übernimmt die Stadt einen Großteil der Kosten für die Räume.