Das Breuningerland am Ludwigsburger Stadtrand soll wachsen, und die Stadtverwaltung steht den Plänen offen gegenüber. Doch der Regionalverband Stuttgart ist gegen das Vorhaben – er will die City schützen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Aufgegeben hat Breuninger die Pläne nie, nur zurückgestellt, um sie im geeigneten Moment hervorzuholen. Und der Moment rückt näher: Das Einkaufszentrum an der Autobahn in Ludwigsburg soll wachsen. Der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec bestätigt auf Nachfrage, dass es Gespräche zwischen der Stadt und dem Unternehmen gibt. Auch Thomas Kiwitt, der Technische Direktor des Stuttgarter Regionalverbands, sagt: „Breuninger sondiert aktuell in alle Richtungen, was möglich ist.“

 

Breuninger selbst äußert sich zurückhaltend zu dem Thema. „Es gibt keinen neuen Stand“, sagt der Sprecher Christian Witt. „Grundsätzlich wünschen wir uns, um die Zukunftsfähigkeit des Breuningerlands zu sichern, nach wie vor eine Erweiterung.“ Einen Zeitplan gebe es nicht.

Den bisher letzten Vorstoß hatte Breuninger 2011 unternommen, damals waren die Erweiterungspläne am Veto des Gemeinderats gescheitert. Allerdings hielten Spec und die Stadträte die Tür stets offen: Sobald das marode Marstallcenter in der City wiederbelebt werde, könne man wieder über einen Ausbau auf der Grünen Wiese reden, hieß es.

Die Strategie der Stadt ist aufgegangen

Die Strategie ging auf. Mit der Verwaltung des Breuningerlands hat Breuninger die Hamburger Projektentwicklungsgesellschaft ECE beauftragt – und eben dieses Unternehmen übernahm 2013 auch die Revitalisierung des Marstallcenters, im September sollen die runderneuerten Ladenpassagen wieder eröffnen. In Ludwigsburg geht man davon aus, dass Breuninger und die ECE kurz danach eine erneute Anfrage wegen der Erweiterung am Stadtrand stellen werden.

Allerdings haben die Unternehmen Lehren aus dem Desaster von 2011 gezogen. Von einem Ausbau des rund 40 000 Quadratmeter großen Einkaufskomplexes um die einst angepeilten 10 000 Quadratmeter ist keine Rede mehr, sondern nur noch von zusätzlichen 4000 bis 5000 Quadratmetern. Bedarf ist vorhanden: Bei einer von der Immobilien-Zeitung vorgenommenen Umfrage unter Ladenmietern belegt das Breuningerland regelmäßig einen der vorderen Plätze unter den beliebtesten Einkaufszentren Deutschlands, und die ECE hat wohl bereits potenzielle neue Mieter an der Hand.

Vor diesem Hintergrund hält Spec den Wunsch nach einem „maßvollen Ausbau für folgerichtig“, und auch im Gemeinderat dürfen Breuninger und die ECE auf Entgegenkommen hoffen. Seit die Hamburger mit dem Marstallcenter den wohl größten Schandfleck der Stadt aufhübschen, genießen sie hohes Ansehen – und verfügen als Betreiber von nun gleich zwei Einkaufszentren in Ludwigsburg über eine starke Verhandlungsposition.

Die Händler in der City sind gegen die Erweiterung

Kritik gibt es trotzdem. „Wir brauchen keine weiteren Einkaufsflächen an der Peripherie, sondern eine weitere Aufwertung der Innenstadt“, sagt Thomas Hunke vom Innenstadtverein Luis. Mit der gleichen Argumentation positioniert sich auch der Verband Region Stuttgart gegen das Vorhaben. „Die Vorgaben im Regionalplan sind glasklar“, sagt Kiwitt. „Eine Erweiterung der Verkaufsflächen auf der Grünen Wiese kann es nicht geben.“ Das gelte auch bei einem Umfang von 4000 zusätzlichen Quadratmetern, denn das sei „ja immer noch eine ganze Menge“.

Wie kompliziert die rechtliche Situation ist, zeigt sich in Sindelfingen, denn auch dort will Breuninger wachsen. Aber das Regierungspräsidium hat die Baugenehmigung kassiert, weshalb das Unternehmen nun versucht, seine Pläne juristisch durchzusetzen. Konkret schreibt der Regionalplan vor, dass auf der Grünen Wiese keine zusätzlichen Verkaufsflächen mit zentrenrelevantem Sortiment wie Kleidung, Schmuck oder Unterhaltungselektronik geschaffen werden dürfen – alles Produkte, die in den Breuningerländern verkauft werden.

Aber Ausnahmen sind möglich, und zwar über ein Zielabweichungsverfahren, wie es beim geplanten Ausbau des Boss-Outlets in Metzingen zum Tragen kommt. Obwohl der Regionalverband dagegen ist, hat das Tübinger Regierungspräsidium (RP) dem Vorhaben zugestimmt. Für die Breuninger-Erweiterung in Ludwigsburg wäre das Stuttgarter RP zuständig. „Der Wunsch von Breuninger ist bekannt“, sagt der Sprecher Robert Hamm. Da keine offizielle Anfrage vorliege, habe man das Vorhaben noch nicht geprüft, aber die Regelung sei eindeutig: Auch wenn ein Zielabweichungsverfahren ins Spiel komme, dürften die grundlegenden Ziele des Regionalplans nicht verletzt werden. „Wie sich das bei Breuninger verhält, können wir derzeit nicht sagen“, erklärt Hamm.

Kommentar Pro: „Das Verbot hilft der City nicht“

Von Tim Höhn

Der Regionalplan ist richtig und wichtig, das ist unstrittig, denn die Innenstädte müssen geschützt werden. Dieses Anliegen verfolgt auch die Ludwigsburger Stadtverwaltung, weshalb sie den überproportionierten Ausbauplänen von Breuninger im Jahr 2011 einen Riegel vorgeschoben hat. Nun bewegen sich beide Seiten wieder aufeinander zu, und dafür gibt es gute Gründe: Breuninger wird ein maßvolleres Konzept vorlegen, das die City kaum gefährden dürfte. Zumal diese bald besser dasteht als je zuvor, weil von der Sanierung des Marstallcenters auch die Einzelhändler im Umfeld profitieren werden.

Hinzu kommt: der größte Konkurrent für die Einkaufszentren in der Region ist das neue Milaneo in Stuttgart. Dass dieser riesige Tempel gebaut werden durfte, ist oft kritisiert worden, doch er ist nun mal da. Und deshalb müssen die Konkurrenten im Umfeld die Chance erhalten, sich zu behaupten und weiter zu entwickeln. Dass sowohl das Milaneo als auch das Ludwigsburger Breuningerland von der ECE betrieben werden, ändert daran nichts, denn beide Einkaufszentren agieren weitgehend unabhängig voneinander.

Das Breuningerland für alle Zeiten von allen Entwicklungsmöglichkeiten abzuschneiden, wird der Ludwigsburger Innenstadt nicht helfen. Die logische Folge wäre, dass dann noch mehr als heute die Kaufkraft auf direktem Weg in die Landeshauptstadt abfließen würde.

Kommentar Kontra: „Sündenfall verhindern“

Von Norbert Burkert

Man müsste schon sehr blauäugig sein, um es für einen Zufall zu halten, dass ausgerechnet jetzt die Debatte über die Erweiterung des Breuningerlands wieder aufkommt. Gerade jetzt, da die Wiedereröffnung des Marstallcenters bevorsteht. Die Vermutung drängt sich auf, dass es einen Deal zwischen der Stadt Ludwigsburg und den Betreibern des Breuningerlands gibt: Die Firma hübscht das heruntergekommene Center in der Innenstadt auf, dafür prüft die Stadt noch einmal sehr wohlwollend, ob das Breuningerland vor den Toren Ludwigsburgs nicht doch vergrößert werden darf. Dabei haben die Gemeinderäte schon einmal mit guten Gründen gesagt, dass sie das nicht wollen: Sie befürchteten, dass der Ausbau den Ladenbesitzern in der City schadet. Und diese Sorge ist nach wir vor völlig berechtigt.

Dieser Sorge trägt der Regionalplan Rechnung, den die Stadt und Breuninger außer acht lassen. Demnach sind Erweiterungen von Verkaufsflächen mit innenstadtrelevantem Sortiment auf der Grünen Wiese grundsätzlich untersagt. Der Verband Region Stuttgart, der sein Veto schon gegen den Ausbau des Breuningerlands in Sindelfingen eingelegt hat, wird sich die Ludwigsburger Ignoranz also nicht gefallen lassen können, wenn er weiter ernst genommen werden will.

Die Breuningerländer funktionieren. Die Vergrößerung auf Kosten der Landschaft und der Innenstädte ist unnötig.