Neckarweihinger Kindergartenkinder haben fünf Flüchtlingsfamilien Geschenke gebracht. Ihre Eltern haben sie gesammelt. Ein Beispiel von vielen, wo Menschen, die viel haben, denen abgeben, die nichts haben.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Kriegspiele sind im Kindergarten unerwünscht – und doch sind die Kriege dieser Welt dort gegenwärtig. Sie sickern über die Bilder im Fernsehen aus der Welt der Großen in die Welt der Kleinen. Und plötzlich bekommt die Weihnachtsgeschichte von Maria und Josef eine neue Bedeutung. „Die Flüchtlinge sind hier bei uns, weil dort Krieg ist, wo sie herkommen“, sagt Clara. Sie ist fünf Jahre alt und geht in das Kinder- und Familienzentrum Neckarweihingen. Sie weiß auch, dass die Menschen aus vielen verschiedenen Ländern kommen und dass man, wenn man flüchtet, nichts mitnehmen kann.

 

Teilen, wenn so viel Elend und Angst auf der Welt sind

Jetzt wissen Clara, Luca, Zehra und die anderen Kinder aus ihrer Gruppe obendrein, wo ein paar der Flüchtlingsfamilien in Ludwigsburg wohnen und haben Neboisa (15) aus Bosnien und seine Eltern getroffen. Denn die Erzieherinnen des Familienzentrums haben entschieden, die Weihnachtsgeschichte von Maria, Josef und dem Jesuskind nicht einfach nur zu erzählen, sondern den Nachfahren von Josef und Maria, den Flüchtlinge von heute, Geschenke zu bringen, Spielsachen, Kleider und andere Dinge des täglichen Bedarfs. „Wir wollen ein aktives Zeichen der von uns gelebten Willkommenskultur setzen“, heißt es in dem Brief, den sie zusammen mit dem Förderverein des Kinder- und Familienzentrums an die Eltern geschrieben haben. Und aus Worten wurden Taten – jenseits der großen Politik. Besonders fasziniert an der Aktion hat Katja Rößle, die auch Vorsitzende des Fördervereins ist, „dass man etwas hergibt, wenn so viel Elend und Angst auf der Welt sind“. Ihrer viereinhalbjährigen Tochter hat sie erzählt, dass die Geschenke für Kinder sind, die umziehen mussten und keine Koffer mitnehmen konnten. „Die Spendenbereitschaft hat uns überrascht“, sagt die Erzieherin Gabriele Graef. Aber nicht nur die Erwachsenen haben geholfen, auch manche Kinder haben getan, was ihnen schwergefallen ist. Luca hat sich von seinem Plüschhasen getrennt, um ihn weiterzugeben. Für einen Dreijährigen ein großer Schritt.

Exkursion in eine unbekannte Welt

Was in Neckarweihingen geschehen ist, ist eines von vielen Beispielen, wie jene, die etwas haben, denen helfen, die ihre Heimat verlassen mussten und nichts haben. Und alle haben davon profitiert. Die Kinder haben die Geschenke zusammen mit den Erzieherinnen selbst verpackt und in einem Haus in Schlösslesfeld übergeben, wo fünf Familien mit ihren Kindern wohnen. Mit einem Buggy voller Geschenke sind die 15 Kinder und drei Erzieherinnen zu einem Ort aufgebrochen, den sie sonst nicht kennengelernt hätten und zu Familien, die nicht viel Besuch bekommen.

Der sechsjährige Noah (6) weiß nach Ende des ungewöhnlichen Ausflugs, dass die Familie mit den fünf Kindern, denen er und die anderen Kindergartenkinder Geschenke überreicht haben, aus Bosnien-Herzegowina kommt. Er spricht den komplizierten Ländernamen fehlerlos aus.