Die Ludwigsburger Schlossfestspiele präsentieren ihr Programm: Das Motto „Erzählung“ gilt dem „Weg zwischen zwei Orten“ – und berührt damit die Flüchtlingslage.

Stuttgart - Jetzt ist es raus, das vollständige Programm der Ludwigsburger Schlossfestspiele. Ein handliches Büchlein, mit Fotografien der Ukrainerin Irina Kholodna, die sich mit ihrer Kamera in Ludwigsburg auf Spurensuche begeben hat und mit ihren Bilder Geschichten heraufbeschwört – das zielt aufs Saison-Thema, denn der Begriff Erzählung steht als eine Art Motto im Zentrum der vom 29. April bis 23. Juli dauernden Festspiele.

 

Der Festspiel-Intendant Thomas Wördehoff betonte bei der Vorstellung des Programms, dass ihn dabei jene Geschichten interessierten, die das Ergebnis eines Aufbruchs sind – die Erzählung als „ein Weg, der zwei Orte verbindet“. Das Thema Flüchtlinge war für Wördehoff der Anlass, deren Erfahrungen mit einzubeziehen, dafür bot sich Wolfgang Amadé Mozarts Oper „Idomeneo“ an, deren Protagonisten ebenfalls Gestrandete sind. Der Regisseur Bernd Schmitt hat schon einmal syrische Kriegsflüchtlinge in eine Operninszenierung integriert, er wird nun in Zusammenarbeit mit dem Verein Zuflucht Kultur e.V. diese Produktion inszenieren.

Scheherazade und der Oud-Spieler

Überregionale Aufmerksamkeit dürfte allein damit gesichert sein, doch auch sonst bietet das Ludwigsburger Programm eine Fülle an Projekten, wie man sie in dieser Dichte und Schlüssigkeit kaum woanders findet. Gemeinsamer Grundton vieler Veranstaltungen ist das Anliegen, kulturelle Vielfalt als Bereicherung zu begreifen. Gerade in der Musik soll die Assimilierung des Fremden, die Vermischung der Kulturen klingend erfahrbar werden – beispielhaft dafür steht das Eröffnungskonzert. Das von Pietari Inkinen geleitete Festspielorchester spielt Rimsky-Korsakows Orchester-Suite „Scheherazade“, die von der Faszination eines russischen Komponisten für die persische Märchensammlung zeugt, davor wird ein Oud-Spieler die Welt der arabischen Musik beschwören. Die traditionelle Eröffnungsrede hält der Kulturwissenschaftler Ulrich Raulff, seit 2004 Direktor des Deutschen Literaturarchivs Marbach.

Ein andermal dirigiert Pietari Inkinen die Prager Symphoniker, die Antonín Dvoráks Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ spielten; Vittorio Ghielmi leitet ein Konzert, bei dem italienische Musiker Georg Friedrich Telemanns Inspiration durch die polnische Musik deutlich machen. Überhaupt – was Alte Musik anbelangt, geben sich in Ludwigsburger in diesem Jahr viele international herausragende Künstler und Ensembles die Klinke in die Hand. Dazu zählen etwa der Hammerklavierspieler Andreas Staier und der Klarinettist Lorenzo Coppola, aber auch Jordi Savall mit seinem Ensemble sowie der Dirigent Reinhard Goebel und die Akademie für Alte Musik Berlin.

Igor Levit und Simon Bode definieren den Liederabend neu

Weitergeführt werden auch die Song Conversations, diesmal mit der Sängerin Judith Holofernes, dem Hip-Hopper Käptn Peng und dem Songwriter Gisbert zu Knyphausen, dazu gibt es eine Fülle von Kooperationen und Einzelveranstaltungen, die ein weites Feld von Alter Musik über Folklore bis zu Zeitgenössischem abdecken. Natürlich ist auch der Pianist Igor Levit wieder mit dabei, bei einem Konzert mit dem Tenor Simon Bode versucht er sich an einer Neudefinition des klassischen Liederabends.

Nichts Neues gibt es von den Wiener Anarchobläsern von Mnozil Brass: die führen ihr Programm „Yes Yes Yes“ noch einmal auf. Insgesamt aber gleicht das Ludwigsburger Programm einem Streifzug durch die europäische Kulturgeschichte, der den Blick tatsächlich weiten könnte angesichts der aktuellen Diskussion um Überfremdung und Einwanderung.