5,2 Millionen Besucher, fast alle Shops sind bei der Stange geblieben – ein Jahr nach der Wiedereröffnung des Marstalls in Ludwigsburg hat das Management eine überaus positive Bilanz gezogen. Spricht man mit den Einzelhändlern, ergibt sich ein differenzierteres Bild.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Es hat sich gelohnt. Es war richtig. Es ist ein Erfolg. Im Stakatto haut der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec diese Sätze heraus, als er am Mittwoch gemeinsam mit Anne Marschner, der Marstall-Managerin, Bilanz zieht. Seit einem Jahr ist das für rund 100 Millionen Euro runderneuerte Einkaufszentrum in der City wieder geöffnet, und Spec sparte nicht mit Lob an die ECE, die Hamburger Immobilienentwickler, die für die Wiederbelebung verantwortlich sind. „Das Marstall ist eine Bereicherung für die ganze Stadt“, sagte der Rathauschef.

 

Spec und seine Verwaltung haben an vorderster Stelle mitgeholfen, dass dieses Projekt gelingen konnte. Dass dort, wo einst ein riesiges Gebäude vor sich hingammelte, eine moderne Shopping-Mall entstanden ist. Dass der OB, Marschner und die ECE nach zwölf Monaten ein durchweg positives Fazit ziehen würden, war daher zu erwarten. Überraschend ist eher, dass mehrere Händler nicht in den allgemeinen Jubel einstimmen wollen.

Mehr als 5,2 Millionen Kunden sind laut der ECE seit der Wiedereröffnung in die Mall geströmt, durchschnittlich rund 16 700 pro Tag. „Damit sind unsere Erwartungen voll erfüllt worden“, so Marschner. Nicht selbstverständlich ist auch, dass alle 70 Geschäfte bei der Stange geblieben sind. Lediglich zwei Gastro-Anbieter sind schon wieder ausgezogen.

Dem Marstall fehle das Alleinstellungsmerkmal, klagen die Händler

Alles gut also? Spricht man mit den Einzelhändlern, ergibt sich ein differenzierteres Bild. Manche sind zufrieden, manche überhaupt nicht, und zu denen gehört Maren Eicke, die Filialleiterin des Pressefachgeschäfts Eckert im Untergeschoss. Mit sieben Mitarbeitern ist der Laden gestartet, nur noch drei sind übrig. „Das unterste Stockwerk wird von den Kunden fast ignoriert“, sagt Maren Eicke. „Wir haben mit einer ganz anderen Frequenz gerechnet.“ Immerhin spüre sie, dass es langsam bergauf gehe, aber ein Problem bleibe: Der Branchenmix im Marstall sei zwar okay, aber letztlich finde man Geschäfte wie Deichmann, dm oder H&M überall.

Ähnliche Worte gebraucht Susanne Osterland von Shoe Town Werdich im Obergeschoss. „In unseren Filialen in Stuttgart-Vaihingen oder im Gerber ist mehr los“, sagt sie. Die Geschäfte im Marstall seien zu austauschbar, es fehle das Alleinstellungsmerkmal. Dazu komme mit der Wilhelm-Galerie ein Konkurrent in unmittelbarer Nähe, der aber für viele Kunden schneller zu erreichen sei.

Auch Valentina Cavalera, die stellvertretende Filialleiterin der Mode-Kette Reserved, räumt ein, dass es „im Marstall oft ruhiger ist als in anderen Einkaufszentren“. Die Revitalisierung sei zwar hervorragend gelungen und das Management sehr engagiert. Aber: „Wilhelm-Galerie, Breuningerland, die Nähe zu Stuttgart – das Angebot ist sehr groß.“

Der Umzug ins Marstall habe sich gelohnt, sagt der Elektronikmarkt Saturn

Nur wenige Meter weiter, beim Elektronikmarkt Saturn, kommt man zu einer ganz anderen Einschätzung. „Wir sind rundum zufrieden“, sagt der Filialleiter Mesut Arslan. Die Kundenfrequenz sei gut, die Entwicklung ebenfalls. „Für uns hat sich der Umzug vom Bahnhof ins Marstall gelohnt.“ Auch Tatjana Andress vom Modeladen Heimatliebe im Erdgeschoss betont, dass das Geschäft gut laufe, bei Optik Krass zeigt man sich ebenfalls zufrieden.

Wie kommt es zu diesen konträren Beurteilungen? Anne Marschner glaubt, die Antwort zu kennen. „Bis ein Einkaufszentrum etabliert ist, vergehen in der Regel zwei bis drei Jahre“, sagt die Centermanagerin. Aber das hänge stark von der jeweiligen Branche ab. Für Friseure, Drogerien, Bäckereien und generell Lebensmittelläden sei das Vertrauen der Kunden enorm wichtig. Bis aus Kunden Stammkunden werden, dauere es etwas länger, was bei manchen zu einer gewissen Unzufriedenheit führen könne. „Aber die Gesamtatmosphäre bei unseren Mietern ist positiv, deswegen bin ich sehr optimistisch gestimmt.“