Siegfried Bauer meint, es sei genug: Nach 40 Jahren am Dirigentenpult des Ludwigsburger Sinfonieorchesters macht er Platz für Jüngere. Zum Abschied gibt es am Samstag ein Festkonzert im Forum am Schlosspark.

Ludwigsburg - Eigentlich befindet sich Siegfried Bauer schon seit 2009 im Ruhestand. Aber was heißt das schon bei einem so umtriebigen Musiker? Er hatte und hat auch nach seinem Ausscheiden als Landeskirchenmusikdirektor noch so viele Ämter, Dirigate oder Ensembleleitungen inne, dass einem schon bei der bloßen Aufzählung schwindlig werden kann. Darum wird Siegfried Bauer, der 2004 zum Professor ernannt wurde, nun erneut verabschiedet: diesmal als Dirigent des Ludwigsburger Sinfonieorchesters. Mit einem Festkonzert am kommenden Samstag im Forum am Schlosspark.

 

Aufbauarbeit an der Karlshöhe

„Ich wollte nicht den richtigen Zeitpunkt verpassen“, sagt Bauer, der eben den 72. Geburtstag gefeiert hat. Darum habe er im Frühjahr beschlossen, den Platz am Dirigentenpult des 1958 gegründeten Sinfonieorchesters zu räumen, um einem Jüngeren Platz zu machen. Er sagt aber auch: „Nach 40 Jahren fällt einem das schon sehr schwer.“ Dieser Abschied erfülle ihn mit Wehmut. Und wo sind er und seine Musiker nicht überall gewesen: in Montbéliard, Jevpatorija, Sankt Petersburg, auf Konzertreisen durch Tschechien und Wales. Die Liste ist unvollständig, aber Bauer hat nachgezählt: er kommt auf 154 Konzerte. Nicht mitgerechnet ist dabei die noch größere Zahl der Veranstaltungen, an denen das Orchester teilgenommen hat. Bauer hat aus dem einst kleinen Ensemble einen großen Klangkörper gemacht – was zu Luxusproblemen führt: „Wir haben momentan 15 erste Geigen“, sagt Bauer.

Wen wundert’s, die Schar derer, die den Dirigenten beerben möchten, ist riesig. Etwa 100 Kandidaten aus ganz Europa hatten sich beworben. Mittlerweile ist deren Zahl auf drei geschrumpft. „Jeder von diesen Anwärtern darf noch einmal ein Konzert geben“, sagt Bauer. „Danach entscheidet der Orchestervorstand, wer mein Nachfolger wird.“ Bis zum Jahreswechsel muss die Entscheidung gefallen sein, denn im Dezember will Bauer letztmals mit den Sinfonikern proben.

Der 1944 in Unterweissach (Rems-Murr-Kreis) geborene und in Bad Cannstatt aufgewachsene Bauer ist bereits im Elternhaus musikalisch gefördert worden. Trotzdem sollte er auf Wunsch der Eltern „etwas Solides“ studieren. Bauer studierte Pädagogik in Ludwigsburg – und später Schulmusik (in Stuttgart) und Musikwissenschaft (in Tübingen). Noch vor den letzten Examen erhielt er das Angebot, die Leitung der Abteilung Musik an der Karlshöhe zu übernehmen. „Das hieß im Grunde, das mit aufzubauen, was später die Evangelische Hochschule war“, sagt Bauer. Er heiratet, wird bald erstmals Vater und wohnt auch an der Karlshöhe. Er gründet dort 1971 die Kantorei der Karlshöhe, schwingt den Taktstock beim Männergesangverein 1825 und wird schließlich 1976 zum Dirigenten des Sinfonieorchesters gewählt. 1983 gründet er das Jugendsinfonieorchester Ludwigsburg und 1993 wird er Musikalischer Leiter des großen szenischen Musiktheaters, das mit Aufführungen der „Carmina Burana“, des „Messias“ oder „Schöpfung“ Furore machte. „Für ein Amateurensemble ist es eine große Herausforderung als Opernorchester spielen zu dürfen“, sagt Bauer. Im Gegenzug verlangte das eine hohe Präsenz von den Musikern: Das im Zweijahresturnus veranstaltete Bürgertheater wird jeweils an sieben Abenden in enger Folge gegeben.

Musikalische Förderung im Kindergarten

Zu den Tätigkeiten, die Bauer auf jeden Fall fortsetzen möchte, gehören die Leitung der von ihm gegründeten Ensembles Concerto Ludwigsburg und Kammerorchester Jevpatorija. Vor allem in Bezug auf die Ludwigsburger Partnerstadt auf der Krim geht es um gewachsene Freundschaften, die ihm sehr wichtig sind – auch wenn der Austausch wegen der russischen Annexion schwierig geworden ist. Und er will weiterhin Aufbauarbeit leisten: Seit 2010 veranstaltet er Schulkonzerte an der Anton-Bruckner-Schule und fördert seit 2015 mit der Aktion „Singen mit Kindern“ die musikalische Erziehung in Kitas.

Befragt nach seinem Lieblingskomponisten, sagt Bauer: „Immer der, den ich gerade spiele.“ Auf dem Programm für das Festkonzert am Samstag, 22. Oktober, um 19 Uhr stehen Joseph Haydns Trompetenkonzert in Es-Dur, Antonin Dvoraks Sinfonie Nr. 9 „Aus der neuen Welt““ und die „Reformationssinfonie“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy.