US-Präsident Barack Obama wollte sein Land heraushalten aus dem neuen Konflikt im Irak. Doch die IS-Milizen zwingen die USA zur Intervention. Doch die Luftangriffe sind nicht unumstritten.

US-Präsident Barack Obama wollte sein Land heraushalten aus dem neuen Konflikt im Irak. Doch die IS-Milizen zwingen die USA zur Intervention. Doch die Luftangriffe sind nicht unumstritten.

 

Bagdad/Washington - Gut zweieinhalb Jahre nach dem erklärten Ende des Irak-Kriegs haben die USA mit Luftangriffen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat im Norden des Landes begonnen. Flugzeuge hätten Artilleriegeschütze von IS-Extremisten angegriffen, teilte Pentagonsprecher John Kirby am Freitag mit. Die Geschütze seien verwendet worden, um kurdische Kräfte nahe der Stadt Erbil anzugreifen. Auch US-Soldaten hätten sich in der Nähe befunden. Zugleich verstärkten kurdische und irakische Einheiten verstärkten derweil ihre Angriffe auf die Dschihadisten. Ob Luftangriffe aber der richtige Weg sind, um die Terrormiliz zu stoppen, ist nicht unumstritten.

„Die Luftangriffe der USA sind in der jetzigen Situation nicht der richtige Weg. Dabei drohen auch unschuldige Zivilisten zu sterben“, sagte die Bundestagsabgeordnete der Fraktion die Linke, Ulla Jelpke. „Es ist zu befürchten, dass sich die IS-Terroristen in bewohnten Gebieten unter die Bevölkerung mischen werden. Deshalb sollten erst einmal alle anderen Mittel ausgeschöpft werden“, sagte Maria Haarmann, die Nahost-Referentin des katholischen Hilfswerks Misereor.

Bundesregierung gibt Geld für Flüchtlinge

Die Bundesregierung stellte 2,9 Millionen Euro für die Bewältigung des Flüchtlingsdramas zur Verfügung. Weitere Hilfen seien möglich, hieß es. Die Ermordung, systematische Vertreibung oder Zwangskonversion von Christen, Jesiden und anderen religiösen Minderheiten durch die Terroristen bedeute eine „neue Dimension des Schreckens“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Das jüngste Vorgehen von IS zeige, wie hochgefährlich dieses Gruppe für Frieden und Stabilität in der gesamten Region seien. Zu den US-Luftschlägen nahm er zunächst nicht Stellung.

Zwei F18-Kampfjets hätten 220 Kilogramm schwere, lasergelenkte Bomben auf eine mobile Artillerieeinheit abgeworfen, erklärte das Pentagon. „(Die extremistische Gruppe) IS hat diese Artillerie benutzt, um kurdische Kräfte zu bombardieren, die Erbil verteidigen und wo sich US-Personal befindet.“ Laut CNN wurden die Angriffe mit Kampfjets vom Flugzeugträger „George H.W. Bush“ geflogen, der bereits im Juni in den Persischen Golf verlegt worden war.

Die Entscheidung zum Angriff sei nach der Ermächtigung des Oberbefehlshabers der US-Streitkräfte, Präsident Barack Obama, gefallen. Dieser hatte die Luftschläge am späten Donnerstagabend zum Schutz amerikanischer Militärs und bedrohter Minderheiten im Nordirak genehmigt. Bei seiner Ansprache im Weißen Haus hatte er zugleich einen Hilfseinsatz für die tausenden Flüchtlinge im Nordirak angekündigt.

„Wie der Präsident klargemacht hat, wird das Militär der Vereinigten Staaten weiterhin direkte Maßnahmen gegen IS ergreifen, wenn sie unser Personal und unsere Einrichtungen bedrohen“, teilte das Pentagon mit. Das Militär habe „grünes Licht“, um bei einer Bedrohung der Flüchtlinge weitere Angriffe zu starten, berichtete CNN.

Unzählige Menschen sind auf der Flucht

Stunden zuvor hatten drei US-Frachtflugzeuge und zwei Kampfjets 8000 Fertigmahlzeiten und 20.000 Liter Wasser über dem Sindschar-Gebirge im Nordirak abgeworfen. Damit sollte den tausenden Jesiden und Christen, die sich aus Angst vor Verfolgung und Gewalt vor den sunnitischen Extremisten verstecken, geholfen werden. Auch Großbritannien schickte Flugzeuge, um Lebensmittel abzuwerfen.

Nach Angaben der kurdischen Nachrichtenseite „Rudaw“ waren nach ihrer Flucht vor den Dschihadisten rund 50.000 Jesiden tagelang in dem Gebirge eingeschlossen. Mindestens 70 Menschen seien bereits an Unterversorgung gestorben. Viele würden sich inzwischen von Blättern ernähren, berichten demnach Augenzeugen. Einem Bericht des kurdischen Nachrichtenportals „Basnews“ zufolge konnten kurdische Soldaten inzwischen eine große Zahl der Flüchtlinge in Sicherheit bringen.

Auch die irakische Luftwaffe hatte zuvor laut örtlichen Medienberichten ihre Angriffe auf IS-Stellungen verstärkt. Bereits in der Nacht zum Freitag seien bei Luftschlägen 130 Dschihadisten in der Region von Mossul getötet worden, berichtete das kurdische Nachrichtenportal „Basnews“. Die unabhängige irakischen Nachrichtenseite „Sumaria News“ meldete, dass mehr als 105 IS-Kämpfer bei einem Angriff auf die Stadt Sindschar getötet und verletzt worden seien.

Papst Franziskus schickt derweil einen hochrangigen persönlichen Gesandten zu den Christen aus der Region. Wie der Vatikan mitteilte, soll der Kardinal und Irakkenner Fernando Filoni den verfolgten Menschen dort die Solidarität der Kirche und des Kirchenoberhaupts vermitteln. Franziskus hatte die Staatengemeinschaft am Donnerstag in einem flammenden Appell zu einem verstärkten Einsatz für die von Gewalt und Vertreibung betroffenen Menschen im Nordirak aufgerufen. Nach der jüngsten Eroberung christlicher Gebiete um die historischen assyrischen Orte Karakosch und Tal Kaif durch IS-Kämpfer flohen nach Angaben des Patriarchen der chaldäisch-katholischen Kirche, Louis Raphael I. Sako, Hunderttausend Menschen aus ihrer Heimat.