80 000 Mitarbeiter im Großraum Stuttgart können Zuschüsse von zehn Euro im Monat erhalten, wenn sie mit Bussen oder Bahnen fahren.

Stuttgart - Das Jobticket des Verkehrsverbunds VVS nimmt weiter Fahrt auf. Mit Daimler hat am Donnerstag der ganz große Arbeitgeber in der Region angekündigt, er werde Fahrten seiner rund 80 000 Beschäftigten im Großraum Stuttgart mit Bussen und Bahnen unterstützen. Damit hat sich nach Porsche der zweite Autohersteller zum Jobticket bekannt, mit dem Stuttgarts Straßen entlastet und die Luft verbessert werden sollen.

 

Von 2017 an will Daimler zehn Euro pro Mitarbeiter und Monat einsetzen, wenn die Dauerkarte für den öffentlichen Nahverkehr gekauft wird. Das ist der Mindestbetrag, den der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) voraussetzt, um Käufern zehn Prozent Rabatt zu gewähren, nicht nur fünf Prozent wie beim herkömmlichen Firmenticket. Im Gegenzug will Daimler die bessere Anbindung von Werk und Konzernzentrale in Untertürkheim, vor allem die Verlängerung der Stadtbahnlinie U 19 bis zum Mercedes-Benz-Museum.

OB Kuhn sieht eine Bewegung in Stuttgart

Daimlers Bekenntnis zum Jobticket war von vielen Seiten längst gefordert worden, vor allem, nachdem Porsche Anfang September das Jobticket eingeführt hatte. Dennoch oder gerade deswegen gab es am Donnerstag viel Lob für Daimler. OB Fritz Kuhn (Grüne) sprach von einer „guten Nachricht“. Das Thema Luftreinhaltung werde „zur Bewegung in Stuttgart“. Er freute sich, dass er im Kampf gegen überhöhte Luftschadstoffwerte auf Hilfe von den großen Unternehmen bauen könne.

VVS-Geschäftsführer Horst Stammler zeigte sich hocherfreut. Seit Einführung des Firmentickets mit mehr Anreizen vor zwei Jahren habe er davon geträumt, dass Porsche und Daimler eines Tages mitmachen: „Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass es so rasch geht.“ Der VVS wirbt schon lange mit wirtschaftlichen Argumenten. Kleinbetriebe, die die Mindestmenge von 50 Tickets allein nicht stemmen können, dürfen sich zusammentun. Inzwischen nutzen 454 Firmen das Angebot. Bei der Stadt und ihrem Klinikum besitzen fast 11 300 Mitarbeiter ein Jobticket.

Verlängerung von Stadtbahnlinie kostet acht Millionen Euro

Aus Sicht der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) ist Daimlers Schritt auch erfreulich, wegen der Forderung nach einem neuen Halt am Mercedes-Benz-Museum aber mit millionenschweren Kosten verbunden. Die städtische Tochter hat schon früher untersucht, wie der Neckarpark durch einen Regelbetrieb der Stadtbahnlinien U 11 oder U 19 erschlossen werden könnte. Als beste Lösung gilt eine neue Linie U 19 zwischen Neugereut und dem Mercedes-Museum. Die Vorläuferin wird schon bald bei einem Feinstaubalarm als zusätzliches Nahverkehrsangebot bis zur Haltestelle am Wasen fahren. Die Verlängerung der Strecke und eine neue Endhaltestelle würden Baukosten von rund acht Millionen Euro verursachen.

Wie viele Daimler-Mitarbeiter schon Busse und Bahnen benutzen und wie sich die Quote ändern könnte, könne man nicht sagen, sagte ein Daimler-Sprecher. Der Betriebsrat im Werk Untertürkheim begrüßte „die von uns schon öfter geforderte Entscheidung“. Zur Entspannung der Parkplatzsituation brauche man aber ein ganzheitliches Mobilitätskonzept. Das dürfte auch am Dienstag im Technik-Ausschuss des Gemeinderats ein Thema sein, wenn Daimler-Vertreter zur baulichen Entwicklung und zum Mobilitätskonzept Rede und Antwort stehen sollen. Dann wird es wohl auch darum gehen, ob Daimler auf ehemaligen Sportflächen neben dem Museum für drei Jahre Parkplätze einrichten darf.

Stadtverwaltung will Daimler entgegen kommen

Die Verwaltung könne sich vorstellen, diese Interimsnutzung zu tolerieren , sagte Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne). Er nehme an, dass der Gemeinderat zustimme. Im Gespräch ist eine Sondergenehmigung, für die keine Änderung des Flächennutzungsplans nötig wäre.

Die Verlängerung der Stadtbahnlinie ist seit Jahren im Gespräch. Es sei eher so, dass Daimler sich wie bei der Entscheidung fürs Jobticket habe bewegen müssen, weil das Unternehmen 965 provisorische Parkplätze einrichten wolle, heißt es im Rathaus.