So ist das noch nie erzählt worden: Robinson Crusoe, der berühmteste Schiffbrüchige aller Zeiten, trifft in diesem Trickfilm sehr freundliche Inseltiere, einen neugierigen Papagei etwa. Dummerweise hat Robinson ein paar sehr unfreundliche Schiffskatzen dabei.

Stuttgart - Der Traum von der paradiesischen einsamen Insel steckt tief drin in uns allen. Seinen Ursprung verdanken wir Daniel Defoes Roman „Robinson Crusoe“ aus dem Jahr 1719, der in immer neuen Bearbeitungen an junge Leser neuer Generationen angepasst wurde. So ist der Robinson unserer Träume längst ein ganz anderer als der ursprüngliche Schiffbrüchige. Der lernt als Inselgestrandeter das Korbflechten und die Bibellektüre, also Gottesfurcht und die Mühsal der Arbeit. Der moderne Robinson ist zum Sinnbild der Wirklichkeitsflucht geworden. Er gibt unserem immer mal wieder aufschimmernden Bedürfnis, aus dem Alltag abzuhauen, einen Namen.

 

Wie groß ist die Welt?

Der tricktechnisch gelungene belgische 3-D-Animationsfilm „Robinson Crusoe“ nutzt den mit dem Namen verbundenen Mythos nun, um eine etwas andere Geschichte zu erzählen. Er rückt statt des Menschen einen Papagei samt dessen Tierkumpelclique in den Mittelpunkt. Das aufgeweckte Kerlchen mag im Unterschied zu seinen Freunden nicht glauben, dass die kleine Insel, auf der sie leben, alles sein kann. Jenseits des Wassers vermutet er noch eine andere Welt. Und er behält Recht. In Form eines seltsamen Zweibeiners, der an die Küste geschwemmt wird und merkwürdige Dinge aus seinem Schiffswrack holt, kommt etwas ganz Neues auf sie zu.

Vincent Kesteloot wusste schon als Ko-Regisseur in „Sammys Abenteuer 2“ mit Schauwerten und skurrilen, liebevoll animierten Charakteren zu punkten und setzt das in seiner ersten Alleinregie fort. Aus Tierperspektive erzählt, steckt die vorsichtige Annäherung zwischen Papagei und Mensch voller Witz. Die Tiere brauchen ein wenig, bis sie Robinsons bizarres Baumhausprojekt, das mangels Handwerksgeschick immer wieder zu scheitern droht, begreifen, unterstützen und letztlich zum Gelingen bringen.

Katzen machen Ärger

Alles könnte so schön sein, hätte sich nicht ein biestiges, fieses Schiffskatzenpaar mit eingeschlichen, welches das Miteinander zu torpedieren droht. Ein Anlass für wilde, hübsch choreografierte Verfolgungsszenen, die das Kinderpublikum vergnügen dürften. Keine zweibeinigen menschlichen Kannibalen, aber auch keine edlen Wilden, wie sie aus diversen „Robinson“-Adaptionen vertraut sind, begegnen uns hier. Die Insel gehört zunächst – später werden ein paar Piraten auftauchen - ganz der schrägen Tiertruppe: ein sehgeschädigter Ziegenbock, ein Chamäleon, ein Tapir-Dame, ein fantasievolles Tannenzapfentierchen und ein Stachel-schwein. Merke: friedliche Wesen finden überall Freunde. Auch wenn sie auf den ersten Blick noch so seltsam wirken.

Die Geschichte vom berühmtesten Schiffbrüchigen der Welt war zwar anfangs kein Kinderbuch. Aber es gehört seit langem zur Kindheit. Die Sehnsucht nach dem Anderswo steckt in all den vielen Fassungen und Bearbeitungen – und nun hat sie im kecken kleinen Papagei dieses Films wieder einen überzeugenden Botschafter gefunden.

Robinson Crusoe. Belgien, Frankreich 2015. Regie: Vincent Kesteloot. Mit den Stimmen von Matthias Schweighöfer, Kaya Yanar, Dieter Hallervorden, Ilka Bessin. 97 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.