Nach dem verlorenen Machtkampf um VW-Konzernchef Martin Winterkorn bringt Ferdinand Piëch seine eigene Familie gegen sich auf. Die Anzeichen mehren sich, dass der Patriarch bereit ist, sein Lebenswerk aufzugeben, meint StZ-Wirtschaftsredakteur Michael Heller.

Stuttgart - An solchen Nominierungen entzündet sich selten Streit: Aufsichtsräte werden per Gerichtsbeschluss ins Amt gebracht und bei nächster Gelegenheit von den Aktionären bestätigt. Denn auch wenn Louise Kiesling und Julia Kuhn-Piëch jetzt auf Vorschlag des VW-Vorstands ins Kontrollgremium einziehen, so waren es natürlich nicht Winterkorn & Co., die auf diese Personalvorschläge gekommen sind. Es ist selbstverständlich, solche Vorschläge mit denen abzustimmen, die Anspruch auf die Position erheben können. Und das ist in diesem Fall die Familie Piëch.

 

Ferdinand Piëch lehnt nun ganz offensichtlich seine Nichten, die Kinder seiner verstorbenen Schwester Louise Daxer-Piëch und seines Bruders Hans Michel Piëch, ab. Damit erreicht der Kampf um die Macht bei Volkswagen eine neue Dimension. In der Vergangenheit sind sich die Familien Porsche und Piëch keineswegs immer grün gewesen und einem Streit eher nicht aus dem Weg gegangen – Porsche gegen Piëch. Ferdinand Piëch riskiert nun aber den Bruch mit seiner eigenen Familie, brüskiert vor allem seinen Bruder Hans Michel, der als erster Ansprechpartner für „die Gegenfamilie“ Porsche fungiert.

Der Patriarch erweckt gegenwärtig den Eindruck, als versuche er konsequent, in der Causa Volkswagen alle Beteiligten gegen sich aufzubringen. Das wiederum würde dem Verdacht Nahrung geben, dass er tatsächlich mit diesem Konzern, den er eigentlich als sein Lebenswerk betrachtet, abgeschlossen hat – und seine Anteile verkaufen will. Daran hat bis vor wenigen Tagen noch niemand einen Gedanken verschwendet. Aber auf Dauer ist das für VW womöglich die beste Lösung. Denn Ferdinand Piëch ist nicht bereit sich unterzuordnen, hat von sich selbst offenbar das Bild des unumschränkten Alleinherrschers. So kann die ohnehin nicht gerade einfache Meinungsbildung in dem Konzern aber nicht funktionieren. Käufer für die Anteile müssten sich an der Börse eigentlich ohne Weiteres finden lassen. Das wäre dann auch die Gelegenheit, über den Zuschnitt des Konzerns nachzudenken – was mit Ferdinand Piëch kaum möglich wäre. Viele Probleme in Wolfsburg resultieren daraus, dass der Konzern einfach zu groß geworden ist.