Sollte Frauke Petry mit ihren Vorstellungen auf dem Parteitag der AfD in Köln scheitern, könnte im Herbst eine neue Partei entstehen. Der Vorsitzenden scheint dabei ein Modell vorzuschweben, welches sich am System der Union orientiert.

Köln - Nach dem Verzicht von Frauke Petry, als Spitzenkandidatin der AfD in den Bundestagswahlkampf zu ziehen, verhärten sich die Fronten innerhalb der Partei. Sollten die Realos auf dem Parteitag am Wochenende erkennbar keine Mehrheit finden, soll ein Antrag gestellt werden, alle strittigen Punkte auf einen Parteitag nach der Wahl zu verschieben. Bis dahin solle ein Burgfrieden gelten. Dieser Vorschlag werde von beiden Lagern unterstützt, heißt es aus der AfD-Spitze.

 

Vor der Wahl gibt es gute Miene zum bösen Spiel

Ein Parteifunktionär aus dem engen Umfeld von Frauke Petry und deren Ehemann Marcus Pretzell sagte, dass das AfD-Paar zu der Überzeugung gelangt sei, auf Dauer mit Gauland und Höcke nicht gemeinsam in der Partei sein zu können. Deshalb wolle man jetzt noch gute Miene zum bösen Spiel machen und die Wahlen in NRW und im Bund abwarten. Sollte es bis dahin aber nicht gelungen sein, die AfD auf einen realpolitischen Kurs zu zwingen und Höcke aus der Partei zu drängen, haben die Anhänger des Petry-Lagers dieses Szenario entworfen: Sie wollen nach der Bundestagswahl mit ihren Abgeordneten die AfD-Fraktionen im Bundestag und in den Landtagen verlassen und eine neue Partei gründen – eine Art bundesweite CSU. Das Lager um Petry/Pretzell wolle nicht den Fehler des Parteigründers Bernd Lucke wiederholen, als dieser die Partei ohne Mandate in Landtagen und Bundestag verlassen habe. Erst mit Vertretung in Parlamenten habe diese neue Partei eine Chance, sich zu etablieren. Geplant sei eine kalkulierte Spaltung nach der Wahl, so der AfD-Funktionär. Sowohl Petry als auch Pretzell wollten die Pläne auf Anfrage nicht kommentieren.

Unter den Gegnern von Petry wird der Spaltungsplan schon diskutiert

Unter den Gegnern von Petry und Pretzell wird der Spaltungsplan bereits diskutiert. Arvid Samtleben, AfD-Mitglied aus Sachsen, postete vor einer Woche auf Facebook: „Bereitet Petry den Abgang vor? Seit einigen Stunden macht das Gerücht die Runde: Petry will zweite Fraktion gründen.“ Ein AfD-Funktionär aus Nordrhein-Westfalen hat errechnet: Petry würden im Fall einer Abspaltung nur rund ein Dutzend Abgeordnete folgen – zu wenig, um eine eigene Fraktion im Bundestag zu gründen.

Nach Ansicht von Beobachtern ist der Parteitag in zwei gleich große Lager gespalten. Den als gemäßigt auftretenden Delegierten um Petry steht der völkische Flügel um Gauland und Höcke entgegen.

Autor: Marcus Bensmann ist Redakteur des Recherchezentrums correctiv.org, mit dem unsere Zeitung kooperiert. Das Zentrum finanziert sich über Spenden und Mitgliedsbeiträge.