Überblickt man die Bartgeschichte der vergangenen 5000 Jahre, so zeigt sich ein ständiges Auf und Ab. Bei den alten Ägyptern waren die Männer der Oberschicht glatt rasiert – aber der König trug bei offiziellen Anlässen einen künstlichen Bart als Zeichen seiner Herrscherwürde. Bei den alten Griechen war es genau umgekehrt: Die frei geborenen Männer waren bärtig, die Sklaven hingegen kahl geschoren. Das änderte sich erst mit Alexander dem Großen, der seinen Soldaten befahl, sich zu rasieren; im Zuge der Hellenisierung übernahmen die Römer im zweiten vorchristlichen Jahrhundert die Mode der Bartlosigkeit. Die alten Juden trugen Bärte; auch Christus wird in der ikonografischen Tradition mit einem Bart dargestellt, wie er für Rabbiner üblich war.

 

Als es 1054 zum Schisma zwischen Rom und Konstantinopel kam, hatte das Folgen für die Bartpolitik der katholischen Kirche. Um sich von den bärtigen Geistlichen der Orthodoxen abzugrenzen, befahlen die Päpste allen katholischen Priestern die Rasur. Mit der Renaissance kamen Bärte wieder in Mode, im 18. Jahrhundert war man(n) rasiert, während im 19. Jahrhundert die Haare im Gesicht wieder üppig sprießen durften. Vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die 1960er Jahre dominierten dann die glatt rasierten Gesichter, gegen die sich 1968 die Revolte der Studenten und Hippies richtete, die sich als Zeichen des Protests Voll- oder zumindest Schnauzbärte wachsen ließen – bis der Neokonservativismus der Kohl-Thatcher-und-Reagan-Ära eine neue Bartlosigkeit einläutete.

Bärte signalisieren also je nach historischem Kontext Macht und Zeugungsfähigkeit, Weisheit und Reife, Volkstümlichkeit und zivilisationskritischen Protest. Sie zeichnen Herrscher aus: angefangen bei Karl dem Großen und Friedrich Barbarossa bis zu Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaj II., aber auch Propheten, Philosophen und Revolutionäre: von Moses bis Mohammed, von Sokrates bis Nietzsche, von Marx bis Che Guevara.

Heutige Politiker brauchen das Machtinsignium nicht

Und heute? Unsere Politiker zeigen sich überwiegend noch immer ohne Bart – von Obama bis Putin, von Hollande bis Gabriel kein Härchen im Gesicht. Auch die Päpste sind seit drei Jahrhunderten bartlos. Aber von Politikern und Geistlichen erwartet heute ohnehin niemand mehr, dass sie neue Trends in der Selbstdarstellung von Männlichkeit verkörpern. Diese Aufgabe haben inzwischen längst Sportler und Schauspieler, Popstars und Medienleute übernommen.

Jesus hat einen, der Papst nicht

Überblickt man die Bartgeschichte der vergangenen 5000 Jahre, so zeigt sich ein ständiges Auf und Ab. Bei den alten Ägyptern waren die Männer der Oberschicht glatt rasiert – aber der König trug bei offiziellen Anlässen einen künstlichen Bart als Zeichen seiner Herrscherwürde. Bei den alten Griechen war es genau umgekehrt: Die frei geborenen Männer waren bärtig, die Sklaven hingegen kahl geschoren. Das änderte sich erst mit Alexander dem Großen, der seinen Soldaten befahl, sich zu rasieren; im Zuge der Hellenisierung übernahmen die Römer im zweiten vorchristlichen Jahrhundert die Mode der Bartlosigkeit. Die alten Juden trugen Bärte; auch Christus wird in der ikonografischen Tradition mit einem Bart dargestellt, wie er für Rabbiner üblich war.

Als es 1054 zum Schisma zwischen Rom und Konstantinopel kam, hatte das Folgen für die Bartpolitik der katholischen Kirche. Um sich von den bärtigen Geistlichen der Orthodoxen abzugrenzen, befahlen die Päpste allen katholischen Priestern die Rasur. Mit der Renaissance kamen Bärte wieder in Mode, im 18. Jahrhundert war man(n) rasiert, während im 19. Jahrhundert die Haare im Gesicht wieder üppig sprießen durften. Vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die 1960er Jahre dominierten dann die glatt rasierten Gesichter, gegen die sich 1968 die Revolte der Studenten und Hippies richtete, die sich als Zeichen des Protests Voll- oder zumindest Schnauzbärte wachsen ließen – bis der Neokonservativismus der Kohl-Thatcher-und-Reagan-Ära eine neue Bartlosigkeit einläutete.

Bärte signalisieren also je nach historischem Kontext Macht und Zeugungsfähigkeit, Weisheit und Reife, Volkstümlichkeit und zivilisationskritischen Protest. Sie zeichnen Herrscher aus: angefangen bei Karl dem Großen und Friedrich Barbarossa bis zu Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaj II., aber auch Propheten, Philosophen und Revolutionäre: von Moses bis Mohammed, von Sokrates bis Nietzsche, von Marx bis Che Guevara.

Heutige Politiker brauchen das Machtinsignium nicht

Und heute? Unsere Politiker zeigen sich überwiegend noch immer ohne Bart – von Obama bis Putin, von Hollande bis Gabriel kein Härchen im Gesicht. Auch die Päpste sind seit drei Jahrhunderten bartlos. Aber von Politikern und Geistlichen erwartet heute ohnehin niemand mehr, dass sie neue Trends in der Selbstdarstellung von Männlichkeit verkörpern. Diese Aufgabe haben inzwischen längst Sportler und Schauspieler, Popstars und Medienleute übernommen.

Zuerst waren es nur die Hipster in den Szenevierteln der Metropolen, die als Zeichen einer neuen „Relaxtheit“ oder als „schwule Rebellion gegen Metrosexualität“ (Kevin Clarke) die Barthaare wieder sprießen ließen. Dann folgten die Models auf den Laufstegen der Haute Couture, Popstars wie George Michael und Hollywoodschauspieler wie Ben Affleck und George Clooney. Auch die jüngere Generation in den europäischen Fürstenhäusern wie etwa der spanische oder der norwegische Kronprinz fand Geschmack am traditionellen Männlichkeitssymbol. Und als jüngst der Fußballspieler Thomas Hitzlsperger sein schwules Coming-out zelebrierte, da tat er das ganz stilgerecht mit einem Siebentagebart.

Mit dem „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann, der im vergangenen Sommer mit einem Vollbart aus Kalifornien nach Deutschland zurückkehrte, und mit dem „Tagesthemen“-Moderator Ingo Zamperoni, der bärtig den Fernsehzuschauern den Lauf der Welt erklärte, war die neue Bartherrlichkeit schließlich auch in den Mainstream-Medien der Republik angekommen. Dieser Siegeszug macht zugleich deutlich, dass das Tragen eines Barts heute keine bestimmte politische Entscheidung mehr signalisiert, sondern nur noch eine ästhetische.