Nach neun Jahren als „Mätresse Amanda“ hört Regina Kemle auf mit den beliebten Kostümführungen im Schloss. Ganz loslassen kann sie aber nicht.

Ludwigsburg - Ihre Führungen gehören zu den beliebtesten im Schloss – aber Ende des Jahres ist Schluss damit: Regina Kemle führt nur noch vier Mal als „Mätresse Amanda“ durchs Schloss und gibt Einblick in das royale Liebesleben – alle Führungen der 56-Jährigen sind ausgebucht.

 
Frau Kemle, wie kamen Sie auf die frivole Idee, eine Führung als Mätresse zu geben?
Ich gebe reguläre Schlossführungen seit 1998, mein Vater war 35 Jahre lang Schlossführer. Als ich 2008 den Einfall mit der Mätresse hatte, gab es auch schon ein paar andere schöne Kostümführungen, Kammerdiener oder Zofe zum Beispiel. Aber ich dachte mir dann: Alle wollen sie etwas Tolles verkörpern, keiner will die Mätresse spielen. Da hab ich dann zugegriffen.
Ein historisches Interesse ist bei Ihnen wohl auch vorhanden.
Auf jeden Fall. Ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert. Als Kind fand ich Zeitreisen faszinierend, am liebsten wäre ich ins späte Mittelalter oder ins Barock gereist. Als Mätresse ging das dann.
Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?
Es gibt viele schlüpfrige Geschichten vom französischen Hof. Und in der damaligen Zeit haben alle nach Versailles geschaut, das konnte ich also wunderbar für Ludwigsburg anwenden. Im Übrigen ist die Mätresse Amanda keine historische Person. Sie ist, wie alle unsere Kostümführungen im Schloss, eine fiktive Figur.
Wie haben Sie das Kostüm aufgetrieben?
Das habe ich bei einer Schneiderin in Hamburg maßfertigen lassen. In meinen Führungen in neun Jahren habe ich drei solcher Kostüme verbraucht. Ich trage auch immer ein Biedermeier-Häubchen auf dem Kopf, denn ich habe Dreadlocks. Das passt natürlich nicht ins Bild einer Mätresse aus dem 19. Jahrhundert.
Welche Besucher haben Sie bei Ihrer Mätressen-Führung?
Es kommen extrem viele Frauengruppen. Aber auch Schulklassen. Das ist dann besonders amüsant, denn die muss man mehr einfangen. Auch bei Betriebsausflügen oder Schulungen ist mancher dabei, der anfangs gar nicht will. Mit Humor und Spannung kann man aber gut eine Bindung zu den Besuchern aufbauen. Und es macht richtig Spaß, zu sehen, wie bei manchem der Schalter umgelegt wird.
Sind Ihre Führungen eigentlich jugendfrei?
Ja, aber manchmal mache ich mir einen Spaß bei jüngeren Teilnehmern und sage: So, jetzt haltet ihr euch mal die Ohren zu. Ich bleibe aber immer im Rahmen des Züchtigen. Interessanterweise sind manche Gäste da viel zünftiger unterwegs.
Warum hören Sie nach neun Jahren auf?
Das frage ich mich auch gerade, wo ich so von den Führungen schwärme. Aber im Ernst: Ich habe dieses Jahr eine Stelle in einem Planungsbüro angetreten. Die Führungen habe ich als Freiberuflerin gemacht. Mit dem neuen Job hätte ich jedes freie Wochenende für die Führungen opfern müssen.
Geben Sie dann gar keine Führungen mehr?
Doch, ich biete viermal im Jahr die Themenführung „Ein Königreich für Frauen“ an. Dabei geht es um die Personen hinter den Frauengemälden im Schloss.
Wann hat Amanda ihren letzten Auftritt?
Am 31.12. 2017. Und ich habe ehrlich gesagt Bammel, dass ich dann heulen muss. Die Leute, die meine Führungen besuchen, kommen als Fremde, aber bei der Verabschiedung hat man dann oft fast schon Freundschaft geschlossen.