Immer, wenn es totgesagt wird, kommt das Fernsehen mit frischen Formaten um die Ecke. Dabei ist es keineswegs so, dass mit dem Bildschirm auch das Programm flacher wird – eine Auswahl von Sendungen, von denen wir uns einiges erwarten dürfen.

Stuttgart - Kinder, die gegen den Krebs kämpfen, Heike Makatsch im neuen Freiburg-Tatort, und eine überraschende Talk-Reihe mit Olli Schulz und Jan Böhmermann – das neue Jahr verspricht Abwechslung auf dem Fernsehbildschirm. Eine kleine Auswahl dessen, was 2016 läuft.

 

Schon wieder ein neuer „Tatort“ und jetzt auch noch in Freiburg? Das ist das erste, was man denkt, wenn man hört, dass der SWR als Marktführer unter den „Tatort“-Produzenten sein Revier jetzt auch noch in Freiburg markiert hat. Die kleine, aber quirlige Universitätsstadt ist schon der vierte Schauplatz, nach Ludwigshafen, dem Bodensee und Stuttgart.

Aber bevor im kommenden Jahr das neue Team um Harald Schmidt in Freiburg und im Schwarzwald ermittelt, kommt jetzt einmalig Heike Makatsch als Ellen Berlinger zum Einsatz, eine Kommissarin, die vierzehn Jahre lang als verdeckte Ermittlerin in London gearbeitet hat und jetzt an jenen Ort zurückkehrt, an dem ihre Tochter in der Obhut der Großmutter lebt. Und diese Personalie versöhnt einen dann doch mit dem „Tatort“-Overkill. Denn Heike Makatsch („Hildegard Knef“, „Margarethe Steiff“) ist zwar eine der meistbeschäftigten deutschen Schauspielerinnen, aber als Kommissarin hat man sie noch nicht gesehen.

War es Suizid? Oder Mord? Diese Frage steht am Ende eines der größten politischen Skandale im Nachkriegsdeutschland. Es geht um den Sturz und mysteriösen Tod des Kieler Ministerpräsidenten Uwe Barschel (CDU), der den SPD-Oppositionsführer Björn Engholm im Wahlkampf mit einer Verleumdungskampagne diskreditiert hatte. Der Rest der Geschichte aus dem Jahr 1987 ist bekannt. Barschel trat von seinem Amt zurück und wurde einige Tage später tot in der Badewanne eines Hotels in Genf aufgefunden. Angeblich hatte sich der Politiker das Leben genommen, doch bis heute gibt es Zweifel an dieser Version: ein Plot wie aus einem Stephen-King-Roman.

Der Regisseur Kilian Riedhof hat daraus einen 180-minütigen Politthriller gestrickt, erzählt aus der Sicht zweier Journalisten, die den Skandal aufdecken. Die Frage, wie Barschel (Matthias Matschke) starb, bleibt freilich offen. Riedhoff sagt: „Uns war wichtig, dass der Film sein Geheimnis behält.“

Es war die erste fiktionale Eigenproduktion der RTL-Schwester Vox und der Überraschungserfolg 2015. Über zwei Millionen Zuschauer schalteten an den stärksten Tagen ein, wenn der „Club der Roten Bänder“ vom Alltag in einer fiktiven Krebsstation für Kinder und Jugendliche erzählte. Der Krebs als Hauptdarsteller einer Serie, so etwas hat es hierzulande noch nicht gegeben. Und es zeichnete diese Serie aus, dass sie ebenso schonungslos wie einfühlsam davon erzählt, wie fünf Teenager gegen diese Krankheit kämpfen: kein rührseliges Melodrama, sondern ein Plädoyer für die Kraft der Freundschaft. Die Drehbücher beruhen auf einer wahren Geschichte des spanischen Autors Albert Espinosa. Vox zeigt ab Herbst eine neue Staffel.

An den Namen werden sich Karl-May-Fans gewöhnen müssen. Nik Xhelilaj heißt der neue Winnetou, an Weihnachten kann man dem Albaner dabei zusehen, wie er mit Wotan Wilke Möhring als Old Shatterhand die Prärie aufmischt. Die Messlatte hängt hoch. Denn mit Winnetou verbinden viele immer noch Pierre Brice, den Hauptdarsteller der Filme aus den sechziger Jahren. RTL hat es trotzdem gewagt und mit Jürgen Vogel, Mario Adorf und Milan Peschel ein hochkarätiges Ensemble in die Prärie geschickt. Regie führt Philipp Stölzl, der seine Karriere als Regisseur von Musikvideos für Madonna begann. Die Dreharbeiten fürs Remake führten die Crew nach Kroatien, wo schon der alte „Winnetou“ spielte. Yippeah-yeah!

Zwei Männer, Whiskey, Aschenbecher und dazu scheinbar wahllos eingeladene Gäste: das ist das Setting für „Schulz & Böhmermann“, den neuen Talk bei ZDF Neo. Klingt retro, ist retro und geeignet, dem Genre eine Frischzellenkur zu verpassen. Denn Talkshows kranken daran, dass sie kaum Luft für Überraschungen lassen. Olli Schulz & Jan Böhmermann (rechts) kann das nicht passieren: ein Team wie Nitro & Glyzerin, „nicht vermittelnd, sondern Partei ergreifend, polemisierend, gerne provozierend, dabei jedoch charmant und freundlich“.

So bewirbt ZDF Neo den Talk. Er lehnt sich an „Roche & Böhmermann“ an, das 2012 eingestellt wurde. Die Chemie zwischen den Gastgebern soll nicht gestimmt haben. Dieses Problem wird es dieses Mal nicht geben. Der Liedermacher Olli Schulz gibt Jan Böhmermann schon seit einer Weile erfolgreich Kontra in der Talkshow „Sanft & Sorgfältig“ beim RBB.

Die Truckerin und die Zicken

Politik als Stoff für „eine eigene Drama-Serie, die zugleich Politthriller und Familiendrama“ ist? Nein, die Rede ist nicht von „House of Cards“, sondern von „Die Stadt und die Macht“: Friedemann Fromm hat diesen Sechsteiler für die ARD gedreht, der Regisseur der preisgekrönten Familienserie „Weissensee“. Endlich. Seit dem Flop mit der ZDF-Serie „Kanzleramt“ 2005 wartet Deutschland auf den Beweis, dass Politik sehr wohl als Stoff für Unterhaltung taugt.

Anna Loos (Foto, zusammen mit Thomas Thieme) spielt die Rechtsanwältin Susanne Kröhmer, die einen Korruptionsskandal in der Berliner Koalition nutzt, um gegen den beliebten Regierungschef (Burkhard Klaußner) zu kandidieren. Sie zahlt dafür einen hohen Preis. Und die horizontale Erzählweise verhindert, dass Politik wieder nur als Muppets-Show daherkommt wie weiland das „Kanzleramt“.

Gestern noch hockte Annette Frier (Foto) als resolute Ein-Euro-Anwältin „Danni Lowinski“ an einem Klapptisch in einem Einkaufszentrum in Köln, um die kleinen Leute zu verteidigen, getreu ihrem Motto: „Das ist das Gute am Armsein. Man hat wenig zu verlieren.“ Ihr neuer Arbeitsplatz ist ein ausgesprochen männlicher: das Cockpit eines 18-Tonners.

Sat 1 hat seine Serienheldin als Truckerin Toni in die Spur geschickt. In dem Film spielt Annette Frier eine Frau, die nach dem mysteriösen Unfalltod ihres Ehemanns die gemeinsame Spedition alleine weiterführen muss und Recherchen auf eigene Faust anstellt. Auf einer Tour gerät sie in die Hände skrupelloser Entführer. Der Actionthriller ist als Spielfilm inszeniert. Doch wenn unsere liebste, weil derbste Serienblondine auch in dieser Rolle überzeugt, will der Sender daraus vielleicht eine Serie stricken.

Es ist viel zu lange her, dass Waltraud (Maria Köstlinger) mit dem Sohn ihrer Freundin Maria (Gerti Drassl) ins Bett stieg und Marias Ehemann Georg (Jürgen Maurer) mit dem Minister schnackselte. Und wie Maria am Ende dann ihren Ehemann mit dem großen SUV so unsanft an die Garagenwand quetschte, dass sogar Blut floss – auch da hätte man ja gern noch mehr davon gesehen. Nach diesem bitterbösen Cliffhanger am Ende der Staffel 1 ist überall von „versuchtem Mord“ zu lesen gewesen – was ja hieße, dass der Georg, einer der besten Charaktere, noch leben würde. Allein diese Aussicht macht das Warten auf die Fortsetzung der „Vorstadtweiber“ nicht erträglicher. Die ARD hat versprochen, den Fortgang des großen Wiener Zicken-und-Wer-bescheißt-wen-am-besten-Kriegs bereits im Frühjahr zu zeigen. Prima! Unser Foto zeigt Martina Ebm und Bernhard Schir als glamouröses Vorstadtpaar.