Mit acht Jahren entdeckte er seine Leidenschaft für das Klavier, mit 16 gewann er in den Kriegswirren seiner Heimat Kroatien einen Wettbewerb: Heute ist Maksim Mrvica erfolgreicher Crossover-Pianist. Bald kommt er nach Stuttgart.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Stuttgart - Maksim Mrvica zählt zu den meistverkauften Crossover-Pianisten der Welt. Am 4. Juni kommt der gebürtige Kroate nach Stuttgart in die Liederhalle. Im Interview spricht der 42-Jährige über seine Erfolge, seine Jugend im Krieg in Kroatien und die Bedeutung seiner Tattoos.

 

Maksim, im Juni kommen Sie nach Stuttgart um Ihr neues Album „Croation Rhapsody“ zu präsentieren – was können Sie uns darüber erzählen?
Der Name des Albums stammt von meinem bekanntesten Stück, das der kroatische Komponist Tonci Huljic geschrieben hat. Nach neun Studioalben habe ich beschlossen, dass es Zeit für ein Best-of-Album ist. Wir wählten aus all meinen Alben die beliebtesten Stücke aus, machten sie ein wenig moderner und nahmen im Studio einen Remix davon auf.
Waren Sie schon einmal in Stuttgart?
Ich war noch nie in Stuttgart und ich freue mich sehr auf das Konzert. Ich liebe es, an Orten zu spielen, an denen ich noch nie war, und mich einem neuen Publikum zu präsentieren.
Sie beschreiben sich als „klassischen Crossover-Pianisten“ – welche Komponisten haben Sie am meisten beeinflusst?
Am stärksten beeinflusst mich die klassische Musik – Pianisten ebenso wie Komponisten. Um einige zu nennen: Prokofjew, Rachmaninow und Strawinsky. Ich neige dazu, russische Komponisten zu mögen. Ich glaube, das ist die slawische Seele in mir.
Sie haben über vier Millionen Alben in 57 Ländern verkauft – wie fühlt es sich an, so erfolgreich zu sein?
Es fühlt sich großartig an. Wir investieren eine Menge Energie, Liebe und Zeit ins Musikmachen und Alben aufnehmen. Wenn die Musik dann von so vielen Menschen geliebt und geschätzt wird, zeigt das, dass sich all die Mühe gelohnt hat. Das ist natürlich für jeden Künstler ein tolles Gefühl.
Was tun Sie, um trotz Ihres Erfolges geerdet zu bleiben?
Ich bin umgeben von meiner Familie und meinen Freunden, die mich auch schon kannten, bevor ich erfolgreich wurde. Sie sind es, die mich erden.
Ihre größten Erfolge feierten Sie in Asien, wo Sie auch mit verschiedenen Modemarken zusammenarbeiten – warum ist Ihre Musilk gerade dort so erfolgreich?
Als ich meinen Vertrag mit EMI unterzeichnete, starteten wir meine weltweite Promotiontour in Asien und der Erfolg kam prompt. Nach nur zwei Monaten erhielt ich für „The Piano Player“ meine erste Goldene Schallplatte in Hongkong im Jahre 2003. Daraufhin kam ich im Schnitt alle zwei bis drei Wochen nach Asien und machte dort viel Werbung für meine Musik.
Welche Bedeutung hat Youtube für Sie und für Künstler im Allgemeinen?
Ich glaube, Youtube ist eine großartige Plattform für Musiker und Künstler, um ihre Werke zu präsentieren. Insbesondere junge Künstler haben dort die Möglichkeit, entdeckt zu werden.
Sie haben im Alter von neun Jahren begonnen, Klavier zu spielen. Warum gerade Klavier?
Mein bester Freund hatte ein Klavier, als ich acht Jahre alt war, und ich verliebte mich sofort in das Instrument. Ich versuchte immer, darauf zu spielen und tat so, als sei ich Pianist. Dann drängte ich meine Mutter, mich in der Musikschule anzumelden. Sie war ziemlich überrascht, weil sie sich nicht erklären konnte, woher meine Leidenschaft für das Instrument und für klassische Musik kam, da niemand in meiner Familie jemals klassische Musik gehört, geschweige denn ein Instrument gespielt hatte.
Als Sie 15 Jahre alt waren, brach in Ihrer Heimat Kroatien Krieg aus. Trotzdem haben Sie weiterhin Klavier geübt und bei einem Wettbewerb in Zagreb sogar den ersten Preis gewonnen, obwohl es gefährlich war, in Kriegszeiten dorthin zu fahren. Würden Sie sagen, dass die Musik Ihnen geholfen hat, den Krieg zu überleben?
Der Krieg war schrecklich und anfangs versteckten wir uns die meiste Zeit in Kellern oder Schutzräumen. Aber nach einiger Zeit gewöhnt man sich an die Bomben und wir alle versuchten, unser Leben mehr oder weniger normal weiterzuführen. Das Schlimmste, was man tun kann, ist, sein gewohntes Leben stillstehen zu lassen. Man muss weiterleben, sonst wird man verrückt in den Kellern. Also begann ich, wieder zu üben. Meine Lehrerin und ich übten im Keller der Musikschule, die natürlich geschlossen war, denn wir hatten beschlossen, an einem Wettbewerb in Zagreb teilzunehmen. Dieser Keller und das Klavierspielen waren für uns wie eine Oase, eine Flucht vor der schrecklichen Realität um uns herum. Zur Überraschung aller schafften wir es nach Zagreb zum Wettbewerb und gewannen den ersten Preis. Das war der größte und bedeutendste Sieg meines Lebens.
Was bedeutet Ihnen die Musik heute?
Für mich ist es ein großes Glück, dass ich Musik und Kunst zu meinem Beruf machen konnte und jeden Tag aufstehe um die Werke der talentiertesten Komponisten aller Zeiten zu entdecken und zu spielen. Es ist niemals dasselbe, es wird niemals langweilig.
Sie können extrem schnell spielen – wie machen Sie das? Ist das das Ergebnis jahrelangen Übens oder einfach ein besonderes Talent?
Als ich den Hummelflug von Rimski-Korsakow aufgenommen habe – das schnellste Musikstück der Welt – ist den Produzenten aufgefallen, dass ich 16 Noten pro Sekunde spiele. Ich denke, man muss dafür schon eine besondere Fähigkeit in sich tragen, darüber hinaus aber auch viel üben.
Was ist Ihnen am wichtigsten im Leben?
Glücklich sein. Mir ist es wichtig, immer Freude daran zu haben, noch mehr zu tun und zu erreichen, gleichzeitig aber auch mit dem zufrieden zu sein, was ich erreicht habe.
In einigen Ihrer Videos auf Youtube sieht man die Tätowierungen an Ihren Unterarmen – haben die etwas zu bedeuten?
Ich habe eine Menge Tätowierungen am ganzen Körper. Die meisten davon sind polynesische und indianische Symbole. Das Tattoo an meinem rechten Handgelenk hat allerdings eine besondere Bedeutung: Es ist der Name meiner Tochter Leeloo. Ich habe es mir stechen lassen, als sie geboren wurde.