Trotz zwei Jahre währender Suche nach der verschwundenen Boeing 777 haben die Angehörigen mehr Fragen als Antworten: Was war die Ursache des Absturzes? Wie viel Schadenersatz steht ihnen zu?

Malaysia - Zwei Jahre nach dem Verschwinden der Boeing 777 von Malaysia Airlines am 8. März 2014 liegt die einzige konkrete Spur in einem streng abgeschirmten Labor in der südfranzösischen Stadt Toulouse. Experten untersuchen dort seit vergangenem Juli die Steuerklappe, die Tausende Kilometer von der vermutlichen Absturzstelle im Indischen Ozean entfernt an einem Strand der Tropeninsel La Réunion gefunden wurde. „Wir müssen unbedingt wissen, ob das Wrackteil in der Luft abgetrennt wurde oder beim Aufprall“, sagt Don Exner, der mit der Gruppe MH 370 auf eigene Faust nach einer Erklärung für die verschwundene Boeing sucht. Aber die französischen Behörden schweigen.

 

Die Hoffnung der Angehörigen auf eine Erklärung ruht deshalb auf einem Bericht der malaysischen Regierung, der zum zweiten Jahrestag fällig ist. Die Erfahrung seit dem mysteriösen Verschwinden zeigt allerdings: Die Politiker schweigen lieber als irgendetwas zu offenbaren.

Flug MH 370 war kurz nach dem Start auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking verschwunden. Erst Wochen später entdeckten Experten, dass die Boeing 777 in den Indischen Ozean gestürzt sein dürfte. In Australien leidet Martin Dolan, der Chef des Australian Transport Safety Bureau nach zwei Jahren erfolgloser Suche an schlaflosen Nächten. „Ich liege wach und überlege, ob wir wirklich alles richtig machen“, so Dolan.

75 Prozent des Meeresbodens sind abgesucht

Unter seiner Aufsicht wurden bisher 75 Prozent des 120 000 Quadratkilometer großen, zerklüfteten Meeresboden im Indischen Ozean abgesucht, in dem das Wrack vermutet wird. Die Schiffe fanden unbekannte Schiffswracks, aber keine Spur des Flugzeugs. Dolan macht sich selbst Mut: „Je weniger Suchgebiet übrig bleibt, umso wahrscheinlicher wird es, dass wir die Boeing finden.“ Im Sommer soll die Suche eingestellt werden.

Während das Mysterium um den Absturz anhält, tobt die Schlacht um Entschädigung. Im Zentrum stehen neben der Regierung die Allianz-Versicherung und der aus Bergisch Gladbach stammende Christoph Müller. Der Manager, der bereits eine irische Fluglinie saniert hat, soll Malaysia Airlines vor dem Untergang retten – die Fluggesellschaft leidet auch unter einem zweiten Desaster, dem Abschuss des Flugs MH 17 über der Ukraine im Juli 2014. Unter Müllers Führung wurden ein Drittel der Mitarbeiter entlassen.

Die Regierung überführte Malaysia Airlines (MAS) in eine Privatgesellschaft namens Malaysia Airlines Berhad und unterstellte die aufgelöste Fluglinie dem Verwalter Mohammed Faiz Azmi. „Es gibt keinen Grund zu der Sorge, dass die Angehörigen nicht entschädigt würden“, sagt dieser. Dafür komme die deutsche Allianz auf.

Ein neues Gesetz verärgert die Angehörigen

Die Interessengemeinschaft der Opferangehörigen – sie nennen sich Voice 370 – gibt sich damit nicht zufrieden. Sie glaubt, dass ein im Februar erlassenes Gesetz ihr Steine in den Weg legen soll. Laut dem Gesetz müssen Kläger eine Genehmigung des MAS-Verwalters Azmi einholen, wenn sie neben Malaysia Airlines auch die Behörden verklagen wollen. „Wir sind empört über das Verhalten der Regierung, die mit einem Parlamentsbeschluss unsere Rechte aufgehoben hat und uns Zugang zu Gerechtigkeit verweigert“, teilt Voice 370 mit. Das Gesetz diene außerdem nur dazu, die alte Malaysia Airlines „in eine leere Hülle ohne Geld und Besitz“ zu verwandeln, während Manager Müller die neue Malaysia Airlines Berhad in ein profitables Unternehmen verwandeln soll. Neben der „kriminellen Nachlässigkeit“ wolle die Regierung zudem verhindern, dass Familien auf Schadenersatz klagten, sagt Sarah Bajc, deren Partner Philip Wood an Bord von MH 370 war.

Viele Angehörige der rund 150 chinesischen Passagiere von MH 370 haben sich einer Klage in den USA angeschlossen. 96 Angehörige leiteten legale Schritte ein. 42 Familien akzeptierten die Entschädigung von 160 000 US-Dollar, die von der Montreal Convention für solche Flugkatastrophen vorgesehen sind. Wer mehr will, muss laut der Konvention spätestens bis zum 8. März 2016 vor Gericht ziehen.