Regionale Mal- und Spielebücher sind längst ein Trend – bei Erwachsenen. Kleon Medugorac hat ein Spiel- und Zeichenbuch für die Landeshauptstadt veröffentlicht, Künstler Joachim Stallecker „Stuttgart zum Ausmalen“.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Die Aufgaben sind recht leicht: „Beobachte im Rosensteinpark die herumspringenden Hasen. Was denken Sie wohl den ganzen Tag?“ Darunter ist Platz, um die eigenen Gedanken zu notieren. Auf der Nebenseite springt ein kleiner Hase fröhlich ins Bild, über einer Blume ist eine Sprechblase, die sagt: „Mal mi aus!“ Das schwarz-weiß gezeichnete Büchlein des Stuttgarters Kleon Medugorac ist in der deutschsprachigen Marco-Polo-Reihe „Mach’s in“ erschienen. Die Aufforderung: „Spiel mit deiner Stadt“. Eigentlich eine schöne Idee. Was dabei ein wenig irritiert: Das Buch ist für Erwachsene gedacht – quasi eine Art „Cityguide“ für junge, hippe Großstadtmenschen.

 

Und für einige scheint Ausmalen das neue Yoga zu sein. Am Wochenende sieht man sie beim Brunch in Stuttgarter Cafés, wie sie selbstvergessen mit bunten Stiften über ihren Malbüchern sitzen. Meditativ soll das sein. Viel können muss man dabei ja auch nicht, bloß nicht über den Rand malen.

Der erste große Hype um die Malbücher ist schon fast vorbei

Vor vier Jahren initiierte die schottische Illustratorin Johanna Basford mit ihrem Erwachsenen-Malbuch „Mein verzauberter Garten“ diesen Trend. Blümchen, Blätter und Tiere zum Ausmalen finden sich in dem Buch. Etwa 1,4 Millionen Mal hat sich das Werk allein in England und den USA verkauft. In Großbritannien führte es die Amazon-Bestsellerliste an. Auch in Deutschland war es ein Renner, ebenso die Nachfolgewerke der Autorin. Schlaue Marketingexperten haben den Trend erkannt und verkaufen die Bücher als „Anti-Stress-Mittel“. Anscheinend hat dies aber nicht geholfen: „Der große Hype ist langsam schon wieder vorbei“, sagt Beate Hiller, Inhaberin von Buch im Süden am Bihlplatz. Die große Welle sei bei ihr vor einem Jahr gewesen, sogar die passenden Stifte habe man dazu verkauft.

Damit der Ausmaltrend nicht einschläft, haben findige Verlagsmenschen diesen mit einer regionalen Komponente kombiniert. „Das wird bestimmt wieder gut laufen“, ist sich Hiller sicher. „Stuttgart-Reiseführer mit Gimmicks sind auch hier beliebt, gerade als Geschenk.“

Die regionale Komponente soll das Geschäft weiter beleben

„Stuttgart zum Ausmalen“ von Joachim Stallecker gibt es zum Beispiel seit Kurzem im Gruppelo-Verlag. „Das ist nicht nur so ein Ausmal-Ewigkeitsprojekt“, sagt der Autor und bildende Künstler über sein Buch. „Humoristische Anekdoten“ über die schwäbische Landeshauptstadt seien es, sagt Stallecker, der in den letzten zehn Jahren 19 Werke veröffentlicht hat. Eines davon ist ein Stuttgart-Quiz. Der Bezug zur Region ist für den gebürtigen Esslinger, der teilweise in Düsseldorf lebt, auf jeden Fall da. Nach etwas Recherche waren das Kunstmuseum, der Fernsehturm oder das VfB-Wappen schnell gezeichnet. Die Ideen für die 34 Motive der Landeshauptstadt und 34 ausmalbaren Vignetten kamen wie von selbst. Künstlerisch will er sein Werk nicht gering schätzen: „Die Zeichnungen sind wie Aquarelle von mir“, sagt er. Deshalb komme sein Stuttgart-Buch sogar ohne Farbe aus: „Das Ausmalbuch funktioniert auch ohne Ausmalen.“ Und das soll vielleicht das Besondere an diesen regionalen Mal- und Spaßbüchern sein: Heimatverbundene setzen sich spielerisch mit der eigenen Stadt auseinander.

Kleon Medugorac hat sich lange vor diesem Trend künstlerisch mit Stuttgart beschäftigt. „Vielleicht war ich deshalb für das Buch perfekt.“ Für das Café Galao macht er die Flyer, ebenso wie für das Marienplatzfest und die Freikonzerte, er zeichnet für das Junge Ensemble (JES) und war Grafiker beim Übermorgen-Magazin.

Vom eigenen Stadtbahnnetz bis zum Feinstaub-Aufkleber

Kretschmann, Mercedes, die Kehrwoche und Cro – sein Buch enthält ebenfalls viel, was Stuttgart ausmacht. „Es sind auch meine persönlichen Stuttgart-Tipps“, sagt Medugorac, der an der Stuttgarter Kunstakademie Grafikdesign studiert hat und seitdem selbstständig arbeitet – als Grafiker, Maler und Musiker. Für den 37-Jährigen war das Zeichnen ein Spagat: „Ich wollte es selbst witzig finden“, sagt er über sein erstes Buch. Sein Witz sei nicht so brav wie vielleicht in den ähnlichen Büchern: „Ich wollte keinen infantilen Humor drin haben.“ Er empfiehlt stattdessen als „Feinstaub-Politesse“ unterwegs zu sein. Auf den letzten Seiten finden sich Zettel zum Ausreißen mit Schriftzügen wie „Mein Feinstaub ist feiner als deiner“. Die sollen seine Leser an die Scheibenwischer von SUV-Fahrern kleben. Während Stalleckers Buch eher zum Rätseln und Anschauen ist, kommt man mit Medugoracs „Machs in Stuttgart“ viel rum: Aufgaben gibt es im Dilayla oder im Oblomov. Und wer will, kann sein eigenes Stadtbahnnetz entwerfen. Vielleicht freut sich die SSB über die Inspiration – in jedem Fall lernt man seine Heimat anders kennen.