Frankreich verteidigt bei seiner Militäraktion im Norden Afrikas nicht nur die freie Welt gegen islamistische Übergriffe. Es geht bei der Operation in Mali auch um die wirtschaftlichen Interessen der ehemaligen Kolonialmacht.

Frankreich, Mali - Für Frankreich steht in Mali viel auf dem Spiel. So viel, dass Staatschef François Hollande nicht warten wollte, bis eine afrikanische Eingreiftruppe in Mali den Kampf gegen die islamistischen Rebellen aufnehmen würde. So viel, dass der Präsident im Alleingang militärisch intervenierte auf die Gefahr hin, international wenig Unterstützung zu erhalten. Die in Mali agierenden islamistischen Gruppen, allen voran Al-Kaida im islamischen Maghreb (AQMI), haben schließlich vor allem Frankreich im Visier. Ob Geiselnahmen oder Attentate: die frühere Kolonialmacht, die weltweit die größte malische Exilgemeinde beherbergt, war und ist das bevorzugte Ziel der Aufständischen.

 

Noch immer unterhält der westafrikanische Staat zum früheren Mutterland enge Beziehungen. Nach Auskunft des französischen Antiterror-Richters Marc Trévidic sind gut ein Dutzend in Frankreich lebende Malier nach Kriegsausbruch in die Heimat zurückgekehrt, um sich den Rebellen anzuschließen. Aus dem Umfeld des französischen Verteidigungsministers Jean-Yves Le Drian verlautet, fünf dem Dschihad verpflichtete Westafrikaner hätten versucht, nach Frankreich einzureisen. Drei Attentate seien vereitelt worden.

Willkommene Anschlagsziele sind den in der gesamten Sahelzone zwischen Mauretanien und dem Tschad agierenden Rebellen zudem die 60 000 in Westafrika lebenden Franzosen. Trévidic geht davon aus, dass die bewaffneten Islamisten durch Geiselnahmen bereits 150 Millionen Euro eingenommen haben. Acht Franzosen befinden sich zurzeit in den Händen islamistischer Entführer. Die Vorstellung, die in Mali gen Süden vorrückenden Rebellen hätten 6000 vornehmlich in der Hauptstadt Bamako lebende Franzosen in ihre Gewalt gebracht, dürfte Hollande noch im Nachhinein den Schlaf rauben.

Wirtschaftlich eine extrem wichtige Region

Hinzu kommt, dass die an Bodenschätzen reiche Region für Frankreich enorme wirtschaftliche Bedeutung besitzt. Das auf Atomkraft setzende Land bezieht ein Drittel seines Urans aus Malis Nachbarstaat Niger. Die wichtigsten Minen, Arlit und Imouraren, sind ganze 300 Kilometer von der malischen Grenze entfernt. Der französische Atomkonzern Areva beschäftigt in Niger 2700 Mitarbeiter. Im September 2010 hat ein Terrorkommando in Arlit sieben Ausländer entführt: einen Madagassen, einen Togoer und fünf Franzosen. Das auch mit Gold- und Eisenvorkommen gesegnete Land ist drittwichtigster Uranproduzent der Welt.

Der nördliche Nachbar Algerien verfügt über nicht minder beeindruckende, für Frankreich bedeutsame Bodenschätze. Die üppigen Öl- und Gasvorkommen des Maghrebstaates kommen allerdings nur zu einem kleinen Teil dem früheren Mutterland zugute. Ob US-Amerikaner, Engländer, Italiener, Russen oder Norweger – die halbe Welt kauft heute in Algerien Öl und Gas. Mali selbst ist für Frankeich wirtschaftlich weniger interessant. Auf der Liste der wichtigsten Lieferanten der Franzosen belegt das westafrikanische Land Platz 165. Sollte Mali aber in die Hand islamistischer Rebellen fallen, gefährdete dies vitale Interessen des früheren Mutterlandes.

Unterdessen rückten französische und einheimische Soldaten nach militärischen Erfolgen im nordmalischen Gao nun auf Timbuktu vor. Die Truppen würden bald in die Nähe der Wüstenstadt gelangen, sagte Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault am Samstagabend laut BBC. Soldaten patrouillierten am Wochenende in der strategisch wichtigen Stadt Gao, wie ein Sprecher des malischen Verteidigungsministeriums berichtete. Der Flugplatz und eine wichtige Brücke würden gehalten. Frankreich teilte mit, zahlreiche „terroristische Elemente“ seien „zerstört“ worden. Die Stadt sei indes nicht vollständig von den Rebellen befreit. Die Eroberung des Flugplatzes von Gao war der bislang größte Erfolg bei den Bemühungen, den Norden Malis zurückzuerobern.