Informatiker sind für die Strategieberatung interessant. Außerdem gewinnt IT in den Unternehmen als strategisches Element an Bedeutung.

Freitag ist in Dubai Sonntag und damit frei. Das ist so üblich in arabischen Ländern. In der Stadt am persischen Golf hat die Managementberatung McKinsey eine Niederlassung. Seit gut einem halben Jahr ist es das Homeoffice von Nils Barnickel. Während seine Kollegen im Berliner-Homeoffice freitags die Woche nach- und die neue vorbereiten, macht er das donnerstags. Dieser Bürotag als letzter Arbeitstag der Woche ist üblich in der Beratung. Er dient auch der Mitarbeiterbindung, weil die ständig unterwegs sind. Mit drei Kollegen ist Barnickel im mittleren Osten. Gemeinsam suchen sie nach Lösungen, wie eine große Telefongesellschaft es schafft, Produktneuheiten schneller auf den Markt zu bringen. In Berlin hat der 33-jährige Barnickel Informatik mit den Nebenfächern Philosophie und Volkswirtschaftslehre studiert.

 

Dann war er für ein Praktikum bei den Vereinten Nationen sechs Monate in New York und Westafrika. Anschließend hat er am Berliner Fraunhofer Institut für offene Kommunikationssysteme in der Forschung und Beratung angefangen und parallel promoviert. Nach vier Jahren war er mit seiner Promotion fertig und auf der Suche nach einem anderen Job. Über das Karrierenetzwerk e-fellows kam er mit McKinsey ins Gespräch und wurde zu einem Recruiting-Tag eingeladen. Dort wurden Case-Studies mit erfahrenen Beratern durchgeführt. 'Ich fand es spannend, dass McKinsey sich mit den großen und offenen Fragen des Top-Managements auseinandersetzt. Mich hat die Vielfalt völlig unterschiedlicher Themen fasziniert und die Möglichkeit gereizt, weltweit in internationalen Teams zu arbeiten.' Im Februar 2012 hatte er seinen ersten Arbeitstag im Business Technology Office in Berlin. 'Wir beraten Klienten in IT-Strategien und an der Schnittstelle zwischen Business und IT. Darum geht es auch in Dubai.' Sein IT-Wissen braucht er sehr wohl.

Kompliziertes auf einfache Strukturen herunterbrechen

Zwar nicht zum Programmieren, aber als Hintergrund. Als Informatiker versteht er die Komplexität einer IT und findet schnell einen gemeinsamen Nenner mit dem Kunden als Fachmann. Von seinem Studium profitiert er in fachlichen und methodischen Dingen: 'Ich habe es gelernt, zu abstrahieren, Kompliziertes auf einfache Strukturen herunterzubrechen.' Das ist wichtig in seinem Job, in dem er von vielen Leuten unterschiedliche Informationen bekommt. 'Daraus ziehe ich das Wesentliche, um den Gesamtzusammenhang zu verstehen.' 'Informatiker sind stark in der Analyse, zahlenaffin und umsetzungsstark', sagt Dr. Carsten Baumgärtner, 44.

Er ist Partner bei der anderen großen Strategieberatung, der Boston Consulting Group (BCG) und dort verantwortlich fürs Recruiting. BCG hat in Deutschland rund 1000 Berater, davon ist rund jeder Zehnte Informatiker. 'Diesen Anteil wollen wir erhöhen, weil IT durch die zunehmende Digitalisierung in allen Branchen und als strategisches Element an Bedeutung gewinnt.' Big Data zum Beispiel. 'Um die Kunden im Umgang mit gigantischen Datenmengen bestmöglich zu unterstützen, arbeiten wir mit ganzheitlichen Lösungen, die neueste Technologien mit strategischer Beratung verknüpfen.' Dafür wurde zu Jahresbeginn BCG Digital Ventures gegründet. In dieser Geschäftseinheit beschäftigen sich rund 300 Berater ausschließlich mit IT-Themen. Für das Kerngeschäft der Boston Consulting Group werden 2014 rund 200 neue Berater gesucht. 'Wir suchen sehr gezielt nach Informatikern', sagt Baumgärtner.

Wer studiert und Auslandserfahrung hat, Interesse an Neuem und etwas bewegen will, gerne Menschen berät und eine runde Persönlichkeit ist: solche Kandidaten sind willkommen. Anfänger ohne betriebswirtschaftliche Kenntnisse nehmen zuerst an einem dreiwöchigen Mini-MBA teil. 'Den Rest lernen sie in unseren interdisziplinären Teams von erfahrenen Kollegen sowie durch Trainings.' 'Informatiker gesucht, die aufwärtskompatibel sind', so ist die Karriereseite von BCG überschrieben. In den Top-Beratungen herrscht das Up-or-out-Prinzip. Alle zwei bis vier Jahre steigen die Berater eine Stufe nach oben - oder aus. Viele wechseln früher oder später zu Kunden, zumal es weiter oben in der tannenbaumartigen Hierarchiestruktur immer enger wird. Dr. Stefan Winkler, 35, ist seit August 2010 bei BCG. Er hat Informatik studiert und in Wirtschaftsinformatik promoviert.

Er hat sich initiativ bei BCG beworben

Top-Beratungen legen Wert auf Mitarbeiter mit Promotion und MBA. Dafür werden sie sogar bezahlt von der Arbeit freigestellt. Während des Studiums und der Promotion war Winkler in Beratungsunternehmen tätig. 'Die enge Zusammenarbeit mit Kunden und die immer wieder neuen inhaltlichen Herausforderungen sind die wesentlichen Gründe, weshalb Beratung genau das Richtige für mich ist', sagt Winkler. Er hat sich initiativ bei BCG beworben und im Münchner Büro angefangen. Vier Tage in der Woche ist er bei Kunden in Deutschland, dem angrenzenden Ausland und manchmal auch weiter weg. Durchschnittlich macht er jährlich drei bis vier Projekte mit drei bis vier Kollegen.

'BCG bietet Informatikern die Möglichkeit, in IT-Projekten ihr Fachwissen einzubringen.' Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, Erfahrungen in anderen Branchen und Funktionen zu sammeln. 'Das ist für mich der Reiz, da ich mich kontinuierlich weiterentwickeln kann.' Winkler ist Consultant und auf dem Sprung zum Projektleiter. Er geht davon aus, dass er auch in Zukunft Beruf und Familie erfolgreich verbinden kann. Barnickel von McKinsey hat einen Sohn mit drei Jahren. 'Für mich ist die Unterstützung der Familie wichtig, gerade weil ich oft unterwegs bin. Sonst könnte ich diesen Job nicht machen.' So lange es ihm Spaß macht, will er Strategieberater bleiben. 'Entweder bleibe ich, bis ich Direktor werde. Oder ich wechsle zu einem Klienten. Vielleicht gehe ich auch zurück zu den Vereinten Nationen oder gründe eine IT-Firma in Dakar, der Heimat meiner Frau.'