Die Schweizer wollen exzessive Zahlungen an Topmanager nicht mehr zulassen: Die Bürger haben am Sonntag einer Initiative gegen überzogene Managervergütungen mit deutlicher Mehrheit zugestimmt.

Korrospondenten: Jan Dirk Herbermann (jdh)

Die Schweizer wollen exzessive Zahlungen an Topmanager nicht mehr zulassen: Die Bürger haben am Sonntag einer Initiative gegen überzogene Managervergütungen mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Die entsprechende Initiative „gegen die Abzockerei“ befürworteten laut amtlichem Ergebnis 67,9 Prozent der Teilnehmer eines landesweiten Referendums. Die Abzockerinitiative erhielt somit eine der höchsten Zustimmungen für eine Volksinitiative in der Geschichte der Eidgenossenschaft. Schweizer Topmanager gehören zu den europaweit am üppigsten bezahlten Führungskräften, die Saläre empörten zunehmend das Volk. Jetzt hoffen die Organisatoren der Abzockerinitiative auf eine internationale Signalwirkung des helvetischen Ja. „Das Schweizer Exportprodukt wird Schule machen und weltweit positive Beachtung finden“, betonte Claudio Kuster, der Sekretär der Abzockerinitiative.

 

Das Begehren fordert im Kern, dass die Aktionäre von börsennotierten Unternehmen die Vergütungen für die Verwaltungsräte und die Geschäftsleitung genehmigen müssen. Bis jetzt bestimmen die Verwaltungsräte ihre eigenen Gehälter und die Saläre für die Geschäftsleitung. In Schweizer Aktiengesellschaften verfügt der Verwaltungsrat über die eigentliche Macht, er bündelt mehr Befugnisse als etwa der Aufsichtsrat in deutschen Aktiengesellschaften. Zudem sollen laut Abzockerinitiative gewisse Einmalzahlungen an Manager, etwa beim Ausscheiden aus den Unternehmen, verboten werden. Und die Initiative schreibt vor, dass Manager nur noch ein Jahr dem Verwaltungsrat angehören dürfen. Dadurch soll Verfilzung und Vetternwirtschaft vereitelt werden. Bei Verstößen gegen die Regeln drohen Haftstrafen.

Der Unternehmer und parteilose Politiker Thomas Minder hatte die Initiative gestartet. Minder reagierte erleichtert auf das deutliche Ja. „Ich bin froh, dass der lange Kampf vorbei ist“, sagte er im Schweizer Fernsehen. Nun müsse die Initiative zügig umgesetzt werden. Bis die Gesetze angepasst sind, dürften laut Experten aber bis zu zwei Jahre vergehen. Minder argumentiert, dass exzessive Zahlungen an Manager moralisch nicht zu vertreten und Normalverdienern nicht zu vermitteln seien. Somit zerstörten die Megadeals das Vertrauen in die Marktwirtschaft. Linke, grüne und bürgerliche Politiker sowie Kirchenvertreter und Gewerkschaften unterstützen die Abzockerinitiative.

Regierung und Wirtschaftsverbände lehnten den Plan ab. Sie erklärten, die vorgeschlagenen Regeln würden den Spielraum für Unternehmen zu sehr einschränken. Die Gegner der Initiative hatten in den vergangenen Wochen mit erheblichem Gegenwind zu kämpfen. Die geplanten massiven Zahlungen an den früheren Verwaltungsratspräsidenten des Pharmakonzerns Novartis, Daniel Vasella, ließ die Zustimmung für die Abzockerinitiative wachsen. Vasella sollte nach seinem Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat knapp 60 Millionen Euro kassieren. Der Topmanager hätte sich als Gegenleistung verpflichten müssen, sein Wissen keinem Novartis-Konkurrenten mitzuteilen. Erst nach massiven Protesten in der Bevölkerung und in der Politik verzichtete der frühere Novartis-Boss auf die Millionensumme. Meinungsforscher wie Claude Longchamp sprachen von einem „Vasella-Effekt“ zu Gunsten der Abzockerinitiative. Der Initiativenvater Minder sagte zum Fall Vasella: „Das war die Spitze des Eisbergs.“