Das Amtsgericht Ludwigsburg hat einen 35-Jährigen verurteilt, der über Jahre hinweg zwei Mädchen missbraucht hat. Der Vater eines der Opfer übt im Saal offene Kritik am Urteil – und der Richterin.

Strohgäu - Das Ludwigsburger Amtsgericht hat einen 35 Jahre alten Mann wegen mehrerer Fälle von sexuellem Missbrauch zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Damit geht ein langer Prozess zu Ende, der schon 2014 begonnen hatte, dann abgebrochen und im Herbst 2015 wieder aufgenommen worden war.

 

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Mann zwei Mädchen mehrfach sexuell missbraucht hat. Der nun Verurteilte hat sich demnach zwischen 2008 und 2013 an den anfangs acht, später zwölf Jahre alten Kindern vergangen. Die Eltern der Mädchen waren mit dem 35-Jährigen befreundet, der damals in Gerlingen lebte. Mehrmals hat der Mann die Kinder nach Ansicht des Gerichts an Busen und Po berührt, bei einem der Mädchen soll er auch im Intimbereich übergriffig geworden sein.

Polizei findet Kinderpornos auf dem Computer

Die Staatsanwaltschaft hatte dafür ebenso wie die Anwältinnen der Nebenkläger eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten ohne Bewährung gefordert. Die Aussagen der Mädchen bewerteten sie als glaubwürdig. Für ein „Komplott gegen den Angeklagten“ sah der Staatsanwalt keine Hinweise. Dass auf dem Computer des 35-Jährigen Kinderpornos gefunden worden waren, wertete er zwar nicht als hinreichendes Indiz, weil nicht jeder solche Neigungen auch auslebe. „Ein gewisses Interesse ist aber da.“

Auch die Nebenklage-Vertreterin sah keine Indizien für einen minderschweren Fall: „Der Angeklagte hat die Gelegenheit immer wieder genutzt und ist dabei skrupellos vorgegangen, weil immer andere Personen in der Nähe waren.“ Er habe den Ernst der Lage überhaupt nicht erkannt. Unklar sei, wie erneute Übergriffe des Mannes verhindert werden könnten: „Ich halte ihn für sehr gefährlich.“

Der Angeklagte indes hat die Taten bestritten – und sich im Verlauf des Verfahrens nicht weiter zu den Vorwürfen geäußert. Seine Verteidiger forderten, ihren Mandanten freizusprechen. Einer der beiden Anwälte kritisierte Mängel im Verfahren. So sei die Ladung von Zeugen, die er vorgeschlagen habe, vom Gericht abgelehnt worden – und insgesamt sei die Verteidigung nicht ausreichend informiert worden. „Das Gericht hat kein Interesse an einer Sachaufklärung“, sagte einer der beiden Anwälte. Zu einer Verurteilung reiche es daher nicht.

Anwältin spricht von „skrupellosem Vorgehen“

Das Gericht bewertete die Taten des Mannes schließlich als minder schwer, zudem sei der Angeklagte nicht vorbestraft. Auch die „erhebliche Verfahrensdauer“ schlug sich im Urteil nieder – die Richterin fügte an, diese sei jedoch nicht zuletzt den Verteidigern geschuldet, da die Terminfindung schwierig gewesen sei. Auch hatten die Verteidiger diverse Anträge gestellt, die zur Unterbrechung des Verfahrens geführt hatten. So lehnten sie etwa die Richterin ab, weil diese befangen sei und sich abfällig über den Mandanten geäußert habe.

Das Gericht habe sich die Entscheidung, die Strafe zur Bewährung auszusetzen, nicht leicht gemacht, betonte die Richterin. Strafmildernd ausgewirkt habe sich, dass das Verfahren enorm lange gedauert habe. Bedenken gebe es dennoch. Um weiteren Straftaten vorzubeugen, muss der 35-Jährige nun Beratungstermine bei Pro Familia wahrnehmen. Außerdem muss er 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Der Vater eines der Mädchen zeigte sich wütend ob des Urteils. „Hoffen Sie, dass Ihre Kinder nie an so einen Typ geraten“, sagte er zur Richterin. Eine Woche haben die Beteiligten nun Zeit, das Urteil des Gerichts anzufechten.