Die Stadt Mannheim will vom nächsten Jahr an 71 Videokameras installieren. Sie sollen mit intelligenter Software ausgestattet werden – ein bundesweit einmaliges Vorhaben.

Mannheim - Die Stadtspitze und die Polizei in Mannheim wollen bei der Überwachung des öffentlichen Raums neue Wege gehen, die nicht nur landes-, sondern bundesweit einmalig sind. Vom kommenden Jahr an sollen dafür an mehreren Orten in der Stadt insgesamt 71 Videokameras installiert werden. Die betreffenden Bereiche weisen eine überproportionale hohe Kriminalitätsbelastung auf und erfüllen damit die rechtlichen Bedingungen für ein solches Vorgehen.

 

Die Kameras sollen eine Fläche von etwa 24 Hektar in den Blick nehmen – vom Vorplatz des Hauptbahnhofs über die Fußgängerzone der Planken bis zum Alten Messplatz. Die Geräte sollen zunächst konventionell betrieben und von mehreren Beamten kontrolliert werden. Von Herbst 2018 an sollen sie schrittweise mit einer neuen Software ausgestattet werden. Diese ist teils noch in der Entwicklung und kann Verhaltensauffälligkeiten erkennen und im Bedarfsfall Alarm auslösen. „Die ganze Infrastruktur soll im ersten Quartal 2019 stehen. Wann auch die Software voll läuft, lässt sich noch nicht seriös abschätzen, da müssen wir uns langsam vorantasten“, erklärte Klaus Pietsch, der polizeiliche Leiter des Vorhabens bei dessen Vorstellung am Mittwoch im Mannheimer Rathaus.

Mehr Kontrolle – bei Wahrung der Persönlichkeitsrechte

„Was wir machen, ist ein Pilotvorhaben“, sagte Christian Specht, der Erste Bürgermeister und Sicherheitsdezernent der Stadt. Ziel sei es, „mit neuesten Techniken mehr Sicherheit zu gewährleisten und trotzdem die Persönlichkeitsrechte der Bürger und der Besucher der Stadt zu wahren“. Im Zentrum stünden die Kontrolle des öffentlichen Raums und der Schutz der Passanten – nicht deren Überwachung; Eine Gesichtsfelderkennung sei „auf keinen Fall“ gewollt. Vorgesehen seien eine wissenschaftliche Begleitung und eine Evaluierung des Projekts nach fünf Jahren. Nach Möglichkeit wolle man die Anlagen nicht – wie bisher rechtlich noch vorgeschrieben – wieder abschalten, wenn sich die Sicherheitslage durch die Überwachung verbessert habe und die kontrollierten Bereiche keine Brennpunkte mehr seien. Ziel des Projekts sei „ein Videoschutz auf Dauer“, sagte Specht. Dafür wolle man auch ein Rechtsgutachten in Auftrag geben.

Derzeit gehe man davon aus, dass die vorgesehenen Bereiche die vorgeschriebenen Kriterien für Kriminalitätsbrennpunkte erfüllten, erklärte der Mannheimer Polizeipräsident Thomas Köber. Sowohl die Drogen- als auch die Straßenkriminalität – von Taschendiebstählen bis zu Schlägereien und Körperverletzungen – habe in Mannheim in den vergangenen zwei Jahren „drastisch zugenommen“ und steige weiter an. Daher brauche man „neue Instrumente“, zu denen auch die Videoüberwachung gehöre.

SPD und CDU signalisieren bereits Zustimmung

Die Gesamtkosten für die Kameras, deren Montage und Anschluss an das Glasfasernetz sind laut Specht auf 880 000 Euro veranschlagt. Das Geld soll der Gemeinderat bei den anstehenden Etatberatungen genehmigen. Die großen Fraktionen von SPD und CDU haben in der Sitzung des zuständigen Ausschusses am Mittwoch bereits ihre Zustimmung angekündigt. „Wir haben seit Jahren die Wiedereinführung der Videoüberwachung an einigen öffentlichen Plätzen gefordert und begrüßen daher die Pläne, erklärte Steffen Ratzel für die CDU. Man sehe in dem Einsatz von Kameras „zwar kein Allheilmittel“, wolle das Projekt aber mittragen, um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken, sagte Boris Weirauch (SPD).

„Die Mehrheit in der Bürgerschaft für das Projekt haben wird schon“, versicherte der Erste Bürgermeister Specht. „Bei repräsentativen Erhebungen haben sich wiederholt Dreiviertel der Befragten für mehr Videoschutz ausgesprochen.“ Strikte Ablehnung signalisierten die Grünen. Die angekündigte, „angeblich intelligente Software“ sei nach Informationen der Partei ohnehin „absehbar nicht realisierbar“, bemängelten sie. „So werden nur mehr Polizeikräfte „vor Monitoren gebunden, statt auf die Straße zu gehen“.