Das Wohnen in den Städten soll billiger werden. Dafür haben Städte wie Stuttgart, Karlsruhe und Heidelberg eine Wohnraumquote eingeführt. Nun folgt auch Mannheim. Doch Investoren kritisieren das Konzept.

Mannheim - Mit einem umfangreichen Programm will die Stadt Mannheim in den kommenden Jahren den Wohnungsbau fördern. Von der Umnutzung brachliegender Gewerbeflächen bis hin zur Abgabe verbilligter Grundstücke umfasst das Konzept insgesamt zwölf Punkte. Richtig umstritten war bei der Abstimmung in der jüngsten Ratssitzung vor allem eines: Die Einführung einer sogenannten Sozialquote zum Bau von preisgünstigem Mietraum. Noch ist nicht klar, wie diese im Detail aussehen soll und ob es nicht auch Ausnahmen geben wird. „Wir befinden uns noch in der Ausarbeitungsphase“, heißt es im Rathaus. Aber der Grundsatzbeschluss steht, verabschiedet mit einer deutlichen Mehrheit von SPD, Grünen und Linken. Danach sollen künftig bei Neubauvorhaben mit zehn oder mehr Wohneinheiten, für die die Stadt Grundstücke zur Verfügung stellt oder neues Baurecht schafft, 30 Prozent Mietwohnungen errichtet werden. Sie sollen dann zu einem Quadratmeterpreis von nicht mehr als 7,50 Euro angeboten werden.

 

Wie soll ein niedriger Mietpreis finanziert werden?

Zu den noch offenen Fragen gehört unter anderem die, wie die Investoren diese Miete erreichen sollen – etwa durch höhere Preise der übrigen Wohnungen im Gesamtprojekt, durch Abstriche beim Baustandard oder mithilfe öffentlicher Zuschüsse. Dessen ungeachtet zeigte sich der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) nach der Entscheidung im Rat überzeugt, „dass die Wohnraumquote unmittelbar Wirkung zeigen wird“. Bisher habe man – etwa im Konversionsprojekt des Benjamin-Franklin-Villages – günstige Angebote in ähnlichem Umfang über freiwillige Vereinbarungen erreicht. „Die Quote bietet Investoren nun eine Orientierung. Jeder, der in Mannheim bauen will, ist eingeladen, zur praktischen Umsetzung das Gespräch mit uns zu suchen“, sagte der Oberbürgermeister. Ziel des Vorhabens sei eine kleinräumige Mischung von Wohnungen unterschiedlicher Preissegmente, um die Quartiere zu stabilisieren und Segregationstendenzen sozial schwacher und sozia starker Haushalte zu verhindern.

Noch etwas deutlicher wurde Reinhold Götz, der wohnungspolitische Sprecher der SPD, die die Initiative für die Quote gestartet hatte. „Die Tendenz ist ja in allen Städten gleich, es werden keine neuen Wohnungen mehr unter elf, zwölf oder mehr Euro angeboten, die viele nicht mehr bezahlen können“, erklärte er.

„Doch wir wollen nicht, dass nur noch Ghettos entstehen – von wirklich sehr gut Verdienenden auf der einen und den unteren Einkommensschichten auf der anderen Seite. Wir wollen vielmehr einen Mix in möglichst allen Stadtteilen“. Dabei gehe es nicht um die Versorgung von Empfängern von Transferleistungen. „Uns geht es um Familien, junge Paare oder Alleinerzeihende im mittleren und unteren Einkommensbereich“, erklärte Reinhold Götz.

Andere Städte sind bereits mit einer Wohnraumraumquote erfolgreich

Mannheim ist nicht die erste Stadt im Land, die eine Wohnraumquote einführt. In Stuttgart und Karlsruhe gibt es Quoten seit 2014, in Freiburg seit 2015, in Heidelberg bereits seit 2005. Die Vorgaben sind allerdings jeweils unterschiedlich und nicht ohne Weiteres vergleichbar. Praktisch immer sind die Quoten in größere Programme zur Wohnungsentwicklung eingebettet, die meisten geben ab einer bestimmten Größe eines Bauvorhabens einen Anteil geförderter Wohnungen zwischen 20 und 50 Prozent vor; exakte Preisvorgaben wie in Mannheim finden sich seltener. Generell gelten die Quoten nie für die ganze Stadt, sondern immer nur für Neubauprojekte und -gebiete, für die neues Baurecht geschaffen werden muss; in bebauten Gebieten und Arealen mit einem bestehenden Bebauungsplan greifen sie nicht.

Trotz dieser Einschränkung sind die Bauwirtschaft und die Haus- und Grundeigentümer wenig begeistert von den Verpflichtungen. „Die Investoren werden abgeschreckt, sie werden anderswo bauen und ins Umland gehen“, warnt Josef Piontek, der Vorsitzende des Vereins Haus & Grund Mannheim. Auch der Verband Bauwirtschaft Nordbaden hat das Vorhaben kritisiert. Man habe grundsätzlich nichts gegen eine Quote, „aber es kann nicht sein, dass ein privater Bauherr oder Investor dafür die Zeche zahlt“, erklärte der Verbandsgeschäftsführer Thomas Möller. „Wenn die Stadt einkommensschwache Mieter fördern will, muss sie über eigene Steuerungsmittel eingreifen.“

In Stuttgart funktioniert die Wohnraumquote

Solche Kritik, erklärt der Pressesprecher der Stadt Stuttgart, Sven Matis, habe es anfangs auch dort gegeben. „Aber mittlerweile hat sich die Quote etabliert; es weiß inzwischen jeder, dass er sich daran zu halten hat.“ 715 geförderte Wohnungen seien zwischen 2014 und 2016 beantragt worden. „Die hätte es sonst nicht gegeben“, sagt Matis. In Karlsruhe, so seine Kollegin Helga Riedel, seien sogar mehr als die geforderten Wohnungen bereitgestellt worden.

Auch der Vorsitzende des Verbands baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Peter Bresinski, hat keine Einwände gegen Wohnquoten. Als Vorsitzender der städtischen Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz der Stadt Heidelberg hat er gut zehn Jahre Erfahrung damit. „Vom Ansatz her sind solche Regeln in Ordnung, man muss sich aber die einzelnen Stellschrauben genau ansehen und auch Ausnahmen zulassen“, sagt er. „Im Grunde ist die Quote eine politische Ansage, dass die Städte der Preisentwicklung etwas entgegensetzen wollen; sie allein kann aber die Wohnungsprobleme nicht lösen“. In Heidelberg habe sie bisher auch „keinen signifikanten Einfluss auf die Angebotsmieten“ insgesamt entfaltet. „Aber sie kann sicher zu einer Verstetigung für die Durchmischung bei der Stadtentwicklung beitragen“, erklärt Bresinski.

Unsere Kollegen von Stuggi TV erklären im Video, warum die Mieten in Stuttgart so teuer sind: