Auch in Mannheim ein Unwort: Bahn 21. Das Rathaus tauft „Mannheim21“ um. Neuer Namenspatron wird der Mundartdichter Hannes Glückstein.

Mannheim - Zwischen München und Frankfurt will, von Stuttgart abgesehen, schon lange kaum noch einer über das Thema "Bahn 21" reden. In Mannheim, wo das Projekt - einige Nummern kleiner als im Schwäbischen - längst im Gang ist, und der alte Bahnhof nicht nur erhalten, sondern sogar herausgeputzt wurde, hat man sich jetzt in aller Stille von der Begrifflichkeit "Mannheim 21" verabschiedet.

 

Zwar verlautete offiziell kein kritisches Wort aus dem Rathaus zur "21". Doch dass in der Werbung oder bei der Vermarktung des neuen Quartiers mit der streitträchtigen Zahl nur schwer zu punkten ist, stand unübersehbar zwischen den Zeilen, als Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) seine Mannheimer Anfang Juni zu einem Wettbewerb aufrief und die Parole ausgab: "Es ist Zeit für einen neuen Namen." Der alte stamme "aus den 90er Jahren", der neue solle dem "zukunftsweisenden Projekt sowie dem Standort gerecht werden" und Bürger, Investoren und ansiedlungswillige Unternehmen gleichermaßen ansprechen, lautete die Vorgabe aus dem Rathaus.

Aus Schwäbisch Gmünd gelernt

Damit die Teilnehmer nicht - wie unlängst in Schwäbisch Gmünd - auf dumme Gedanken kommen und italienische Filmhelden wie Bud Spencer ins Kalkül ziehen, wurde ihnen außerdem noch mit auf den Weg gegeben, dass der Name "deutsch, leicht sprechbar und gut zu merken sein" sollte. Auch solle er "für einen modernen hochwertigen Zentrumsstandort stehen", in den Kontext anderer Namen der Stadt passen und - nicht zuletzt - "positive Assoziationen" auslösen.

Anderswo mag man das für die Quadratur des Kreises halten, doch in Mannheim, der Stadt der Quadrate, hat man genau damit seit 400 Jahren Erfahrung. 650 Vorschläge sind im Rathaus eingetroffen. Am meisten hat die "Fachjury" mit dem OB an der Spitze der Name "Glückstein-Quartier" überzeugt. Es ist, in Zeiten in denen das Glück allerorten eine Mangelware zu sein scheint, beileibe kein beschönigender Kunstbegriff. Kunstworte habe man, zusammen mit den eingegangenen Anglizismen, als Erstes aussortiert, verriet Kurz, als die zwei Gewinner des Wettbewerbs bekanntgegeben wurden.

Der Namensgeber

Der neue Name geht auf den Mannheimer Mundartdichter Hannes Glückstein (1881 bis 1931) zurück. Zwölf Bücher sind von dem Manne überliefert, der im Hauptberuf Bankdirektor war. Zwar gibt es selbst alteingesessene Mannheimer, die noch nie etwas von ihm gehört, geschweige denn gelesen haben. Und über die Stadtmauern hinaus ist sein Ruf bisher so gut wir gar nicht gedrungen. Doch das wird sich mit dem Aufbau des neuen Glückstein-Quartiers am Hauptbahnhof sicher bald ändern.

Vom OB über den Baubürgermeister bis zum Chef der Wirtschaftsförderung ist man im Rathaus sicher, dass im Bahnhofsviertel mit Glückstein ein echter Glückgriff gelungen ist. Über andere Vorschläge wollte man öffentlich gar nicht reden. Jedenfalls waren, nach allem, was man hört, die "Rheinhöfe" so chancenlos wie die "Mannheimer Meile" und die "Südstadt".